100. Geburtstag von Otl Aicher

Demokratie designen

07:18 Minuten
Der Grafiker, Designer, Architekt, Otl Aicher (1922-1991) sitzt 1970 an seinem Schreibtisch, im Hintergrund eine Tafel mit Piktogrammen, Symbolen, Zeichen, die er für die Sportarten der Olympischen Sommerspiele 1972 in München entworfen hat.
Otl Aicher zählte zu den Gründern der Hoschule für Gestaltung in Ulm. Mit den Piktogrammen für die Olympischen Spiele in München 1972 schrieb er Designgeschichte. © picture-alliance / Sven Simon
Felix Kosok im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 13.05.2022
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Otl Aicher war einer der wichtigsten deutschen Gestalter. Er gestaltete Piktogramme für Sportarten und wollte mit seiner Arbeit die Demokratie fördern. Damit wurde er für viele Designerinnen und Designer zum Vorbild.
Otl Aicher ist einer der wichtigsten Entwickler von Piktogrammen. Das sind reduzierte, sehr einfach gehaltene grafische Darstellungen, die eine Information vermitteln. Am 13. Mai vor 100 Jahren wurde Aicher in Ulm geboren. (*)
Bekannt wurde der Designer durch die Entwicklung von Piktogrammen für die Olympischen Spiele 1972 in München. Jede Sportart skizzierte er mit nur wenigen Strichen, dennoch waren sie sofort zu erkennen.
Auch heute noch begegne uns Aicher überall im Alltag, sagt der Grafikdesigner Felix Kosok vom Vorstand des Deutschen Designerclubs. Aicher schuf das gesamte Erscheinungsbild der Lufthansa, auch das Sparkassenlogo stammt von ihm.
Sehr bekannt ist auch das Icon, das im Schwimmbad den Weg zum Becken weist: ein Männchen, das gerade dabei ist, ins Wasser zu springen.

Heirat mit Inge Scholl

Aicher sei ein klassischer moderner Gestalter gewesen, sehr zurückgenommen und rational, betont Kosok: Er habe mehr visuelle Kommunikation als Grafikdesign betrieben.
Aicher verstand sich zudem als politischer Gestalter: Schon als Junge stand er dem Hitlerkult in Deutschland kritisch gegenüber, später heiratete er Inge Scholl, die älteste Schwester von Hans und Sophie Scholl.
1953 gehörte er zu den Gründern der Hochschule für Gestaltung in Ulm. Diese sei mit der Absicht gegründet worden „Deutschland nach dem Nazi-Regime durch Design zu demokratisieren, durch sachliche, rationale Gestaltung“, sagt Kosok. Aicher sei ein großes Vorbild für Gestalterinnen und Gestalter, die mit ihrer Arbeit die Welt neu entwerfen wollen.

Design kann Gutes wie Schlechtes bewirken

Design könne die Welt verbessern und die Demokratie fördern, man dürfe aber nicht die Augen davor verschließen, dass Design das „an ganz vielen Stellen“ auch nichts bewirke, betont Kosok. Design sei zudem auch immer wieder daran beteiligt, Menschen auszuschließen.
Für Kosok spiegeln sich im Design gesellschaftliche Prozesse: „Sobald sich gesellschaftliche Normen ändern, können wir durch eine Veränderung des Designs bewirken, dass diese Normen – oder die Veränderbarkeit dieser Normen – präsent gehalten werden.“ Zum Beispiel durch den Entwurf von Piktogrammen, „die nicht mehr in einem binären Geschlechtersystem verfangen sind“.
(abr)

Der Nachlass von Otl Aicher liegt im Archiv der ehemaligen Hochschule für Gestaltung in Ulm. Darunter sind auch die Entwürfe der Piktogramme für die Olympischen Spiele 1972 in München. Der Leiter des Archivs, Martin Mäntele, beschreibt in der Sendung "Kompressor" Aichers Ansatz, sich Menschen aus zahlreichen Ländern mit der „größtmöglichen Objektivität“ verständlich zu machen.

(*) Redaktioneller Hinweis: Otl Aicher gehört zu den wichtigsten Entwicklern von Piktogrammen. Dies haben wir korrigiert.

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