Oper

Warum neue Werke es nicht ins Repertoire schaffen

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In der Inszenierung von "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" steht der Protagonist in einer Bühnenvorrichtung, die aussieht, als befände er sich in einer Zelle. Er winkt aufgeregt.
Zeitgenössische Opern werden selten ein zweites Mal aufgeführt. So ergeht es auch "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" von Moritz Eggert. © picture alliance / Eventpress Hoensch
Moritz Eggert im Gespräch mit Mascha Drost · 03.01.2022
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Für zeitgenössische Opern gibt es in Spielplänen kaum Raum. Nach der Uraufführung verschwinden die meisten auf Nimmerwiedersehen. Das liege am eigentlich sehr guten Fördersystem, meint Komponist Moritz Eggert. Abhilfe sei für die Oper existenziell.
Die meistgespielten Opern der vergangenen Jahre sind Hänsel und Gretel, Die Zauberflöte und Don Giovanni. Dahinter kommen La Traviata und La Bohème. Mit Humperdinck, Mozart, Verdi und Puccini sowie natürlich auch Wagner und Strauss füllen die Opernhäuser den Großteil ihres Spielplans. 96 Prozent aller Opernaufführungen sind Repertoirestücke.
Das heißt im Umkehrschluss: Nur vier Prozent sind Uraufführungen. Das allein ist schon erschreckend. Noch verheerender jedoch: Einmal uraufgeführt haben die neuen Opern keine Chance, im Repertoire zu landen. Sie werden uraufgeführt, fünf, sechs Vorstellungen, und das war es dann. Kaum ein Werk wird ein zweites Mal oder sogar drittes Mal nachgespielt.

Uraufführungen bringen Aufmerksamkeit

Es gebe sehr viele erfolgreiche, heutzutage komponierte Opern, sagt der Komponist Moritz Eggert. „Jedes Jahr können sie wirklich von tollen Stücken lesen, von tollen Komponistinnen und Komponisten, erfolgreichen Uraufführungen, vom Publikum wie auch von der Kritik umjubelt.“
Doch wenn in den Programmen der Häuser nur vier Prozent für diese Opern zur Verfügung stünden, überlegten sich diese Häuser: „Ich kann jetzt die tolle Oper, die gerade von dieser Komponistin geschrieben wurde, noch mal aufführen. Oder ich kann eine Uraufführung machen, weil: Die gibt einfach mehr Publicity, da werden die Feuilletons drüber schreiben. Da kann ich auch gegenüber meinem Kulturhaushalt wieder mehr Argumente bringen, dass ich hier eine tolle neue Uraufführung mache und so weiter.“

Lohnenswerter, obwohl teurer

Das sei eine „ganz komische Situation, die aus unserem eigentlich guten und auch sehr, sehr intelligenten Fördersystem entsteht“. Eine Uraufführung lohne sich mehr, obwohl sie teurer sei als Zweit- und Drittaufführungen, so Eggert. „Denn man muss ja einen Kompositionsauftrag zahlen, der durchaus ins Geld gehen kann.“
Dennoch gebe es durchaus Repertoirestücke, die immer wieder mal gespielt würden und auch Erfolg hätten. „In den letzten Jahrzehnten gab es sehr viele Aufführungen von Bernd Alois Zimmermanns ‚Die Soldaten‘, die auch sehr, sehr erfolgreich waren, auch beim Publikum“, sagt der Komponist. „Das ist aber wirklich sehr, sehr selten.“

Vorschlag: Zweitaufführungen fördern

Eggert schlägt eine Förderung für Zweitaufführungen vor. Opernhäuser und Programmmacher müssten belohnt werden, „wenn sie Stücke, die in unserer heutigen Zeit geschrieben wurden – auch in anderen Ländern, da muss man auch mal so ein bisschen hinschauen – dass sie die wiederaufführen und fördern“.
Wenn die heranwachsenden Generationen eine Opernzukunft haben wollten, müsse man aktiv werden, warnt Eggert. Das typische Opernprogramm, das noch in den 60ern und 70ern funktioniert habe und selbst die alten Schlachtrösser zögen nicht mehr so das Publikum an, wie man es gewohnt war, vor allem nicht das junge Publikum. Auch die Methode, dass durch sehr moderne und radikale Neuinterpretation dieser Stücke, das sogenannte Regietheater, zu kaschieren, sei „ziemlich durch“.
Es brauche ein „gesundes Verhältnis von Gegenwart und Vergangenheit“, dann seien beide lebendig, so Eggert.
(abr)

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