Olga Bachs "Das Erbe" in München

Galaktische Unverwechselbarkeit

v.l.n.r.: Damian Rebgetz, Wiebke Puls, Tina Keserovic
Szene aus Ersan Mondtags Inszenierung von Olga Bachs "Das Erbe" an den Münchner Kammerspielen © Armin Smailovic
Von Sven Ricklefs |
Starke Bilder und Sounds - so kennt man die Inszenierungen von Ersan Mondtag. In "Das Erbe" fliegen denn auch rotglatzige Frauen durchs All und geben sich Assoziationen über Schuld hin - als siebter Passagier mit an Bord: NSU-Mitglied Beate Zschäpe.
Das beginnt wieder einmal mit einer dieser bildmarkigen oder auch soundstarken Setzungen, für die Ersan Mondtag steht und die seine formstarken Arbeiten so auszeichnen. Da ist unser kulturelles Erbe wie in einem Comic als Bibliothek und als viele verschiedene Gemälde an die Wände gekritzelt, und da kommen sechs Frauenfiguren auf diese Bühne, die in eine Art galaktische Unverwechselbarkeit getrimmt sind: vom gleichen Kleid bis zur gleichen roten Glatze.

Assoziationen über Schuld

Diese sechs, gespielt von Schauspielerinnen und Schauspielern der Münchner Kammerspiele, sind, so der Plot, auf dem Weg zu einer neuen Erde, um eine bessere Welt zu gründen. Nur haben sie ein Problem, sie haben noch eine siebte Frau an Bord: die Andere, die Schuldige. Sie liegt fast nackt hinter dem aufgemalten Vorhang, hochschwanger und optisch eindeutig identifizierbar als: Beate Zschäpe.
In ihrem Stück "Das Erbe" haben Olga Bach und Ersan Mondtag die Figur von Beate Zschäpe gleichsam als Sprungbrett benutzt, um sich durch die Kulturgeschichte der Schuld zu assoziieren. Das beginnt bei Ödipus und Adam und Eva, und hangelt sich via Zahlen durch die Geschichte bis hin zu jenen Daten, an denen die NSU Morde passierten.

Eine furios fürchterliche Antwort

Dabei kehrt das Stück immer wieder zu Beate Zschäpe zurück, die wie ein kleines verrücktes hochschwangeres Mädchen durch diese Installation läuft. Und so stellt dieses "Erbe" letztlich die Frage: Was machen wir mit der Schuld? Projizieren wir sie tatsächlich in nur eine Figur hinein, wie wir das gerade mit dem NSU Prozess tun, oder bekennen wir uns zu unserer Verantwortung?
Und was passiert, wenn wir verdrängen? Das Erbe von Olga Bach, Ersan Mondtag und einem grandiosen Team auf und hinter der Bühne der Münchner Kammerspiele gibt darauf eine furios fürchterliche Antwort und endet damit so stark, eindringlich und herausfordernd, wie es begonnen hat.

Das Erbe
Eine Assoziation zum NSU von Olga Bach
Regie: Ersan Mondtag
Mit: Thomas Hauser, Jelena Kuljić, Jonas Grundner-Culemann, Tina Keserovic, Lena Lauzemis, Damian Rebgetz, Wiebke Puls

Weitere Informationen und Termine auf der Website des Theaters.

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