Offener Brief zu Todeslisten der Rechtsextremen

"Ein Problem für die Pressefreiheit"

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Sachsen, Görlitz: Sebastian Wippel (Bildmitte), AfD-Landtagsabgeordneter und Oberbürgermeisterkandidat für Görlitz, beantwortet während einer Wahlparty seiner Partei die Fragen der Journalisten. Die rund 46.000 Wahlberechtigten in der östlichsten Stadt Deutschlands sind am gleichen Tag erneut zur Abstimmung über einen neuen Oberbürgermeister aufgerufen.
Oberbürgermeisterwahl Görlitz: Die Presse umringt den AfD-Kandidaten Sebastian Wippel. Welche Journalisten wann und wie oft kritisch über Rechtspopulisten und rechtsextreme Parteien berichtet, wird offenbar genau dokumentiert. © picture alliance/ dpa ZB/Sebastian Kahnert
Sheila Mysorekar im Gespräch mit Marietta Schwarz · 29.08.2019
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Journalisten, die bedroht werden, berichten anders - aus Angst um ihr Leben, befürchtet Sheila Mysorekar vom Verein "Neue deutsche Medienmacher". In einem offenen Brief an den Innenminister fordern sie und Kollegen mehr Sicherheit für Medienleute.
Es ist nicht neu, dass Journalisten, Politiker und Aktivisten einer bestimmten Couleur von Rechtsextremen bedroht werden. In mehreren Fällen wurden sogenannte Todeslisten gefunden, wie etwa vor zwei Jahren in Mecklenburg-Vorpommern ein Liste mit 25.000 Namen. Ob man selbst auf einer dieser Listen steht, erfährt man aber nicht, es gab eine Klage zur Herausgabe der Namen, die gescheitert ist.
Und das wird von vielen kritisiert – ein Schutz des Staates vor rechtsextremer Gewalt müsse wohl anders aussehen. Nun haben sich mehrere Journalistenvereinigungen mit einem offenen Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gewandt. Es geht darin um mehr Schutz und Sicherheit für Medienschaffende. Eine der Initiatorinnen ist Sheila Mysorekar vom Verein "Neue deutsche Medienmacher".

Rechte fühlen sich stark - Journalisten verunsichert

Mysorekar sagte im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur, derzeit finde "eine verbale Enthemmung" statt. Rechte Kräfte würden sich zunehmend stärker fühlen – "und bedrängen Journalistinnen und Journalisten, die sich dann oft so verunsichert fühlen, dass sie beginnen, bestimmte Themen nicht mehr anzuschneiden oder anders darüber zu berichten oder zu einer anderen Wortwahl zu greifen. In dem Augenblick wird die Berichterstattung verändert oder sogar beeinträchtigt – das können wir nicht zulassen."
Schwierig sei, dass es in jedem Bundesland andere Regeln dafür gebe, wie mit Bedrohungen gegen Medienvertreter umgegangen wird. "Es gibt Kollegen, die haben erfahren, dass sie auf Listen stehen. Ihnen wurde gesagt: ‚Ja, wenn es brenzelig wird, dann wählt doch die 110‘. Das, finde ich, ist ein bisschen dürftig."

Ein Problem für die Demokratie

Nicht erst seit dem Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke sei bekannt, so Sheila Mysoreka, dass Rechtsextreme gewaltbereit seien. "Was wir wollen, ist, dass Betroffene anfragen können und dann informiert werden: Stehe ich drauf auf der Liste – ja oder nein? Und wenn ich draufstehe: Was wird für mich getan, für meine Sicherheit."
Darüber hinaus sollten auch Organisationen, die sich gegen Rechtsextremismus engagierten, erfahren können, ob sie auf irgendwelchen Listen stünden. "Und wenn Journalisten nicht in Ruhe arbeiten können und sich sicher sein können, dass Ihnen nichts passiert, für das, was sie schreiben, dann ist das ein Problem für uns alle. Dann ist das ein Problem für die Demokratie, ein Problem für die Pressefreiheit."
(mkn)
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