Österreich verstehen

Buchempfehlungen zur Nationalratswahl 2019

10:25 Minuten
Das Foto zeigt ein Plakat der ÖVP mit Spitzenkandidat Sebastian Kurz, davor in der Unschärfe ein Plakat der österreichischen Grünen.
"Wir kriegen in Österreich noch nicht Verhältnisse wie in Ungarn", prognostiziert die Journalistin Barbara Tóth. © imago images / Eibner Europa / Johann Groder
Barbara Tóth im Gespräch mit Christian Rabhansl · 28.09.2019
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Der Wahlkampf war angespannter als sonst: Das sagt die österreichische Journalistin Barbara Tóth kurz vor der Nationalratswahl. Sie erklärt welche Sachbücher wir lesen können, wenn wir unser Nachbarland besser verstehen wollen.
Welche Bücher können wir lesen, um Österreich besser zu verstehen? Die Wiener Falter-Journalistin und Autorin Barbara Tóth erklärt, welches Sachbuch den österreichischen Wahlkampf durcheinander gewirbelt hat. Welches Buch erklärt, warum die FPÖ so fest zur österreichischen DNA gehört. Und welches Buch zur unfreiwilligen Lachnummer geriet.
Wie hat sich das Verhältnis zwischen Politik und politischen Journalisten in Österreich verändert? Es sei im Wahlkampf angespannter als sonst gewesen, meint Barbara Tóth. Unter der ÖVP/FPÖ-Koalition von Sebastian Kurz habe sich zudem das "Prinzip Message-Control" durchgesetzt: "Das ist eine gesteuerte Medienarbeit mit sehr, sehr viel Manpower aufseiten der Regierung, wo zum Teil Medien, die kritisch sind, auch bewusst von gewissen Informationen ausgeschlossen wurden. Das sind Testfälle für die Pressefreiheit." Barbara Tóth selbst wurde nach Leaks, die der "Falter" veröffentlicht hatte, von einer Pressekonferenz der ÖVP ausgeschlossen.

"Es gab einzelne Momente, die einen wachsam halten"

"In Summe würde ich sagen, das läuft schon okay, wir kriegen in Österreich noch nicht Verhältnisse wie in Ungarn", sagt die Journalistin. "Aber es gab einzelne Momente, die einen wachsam halten." Es sei gut, dass auch Deutschland kritisch nach Österreich blicke, und dass bei Gefahren für die Pressefreiheit das Medienecho groß sei. "Das finde ich wichtig für unsere Regierenden. Weil sie sehen, gewisse Dinge gehen, und gewisse Dinge gehen einfach nicht in einer Demokratie."
Die Bücher:

Bastian Obermayer, Frederik Obermaier: "Die Ibiza-Affäre: Innenansichten eines Skandals"
272 Seiten, 16 Euro, KiWi

Barbara Tóth: "Dieses Buch legt offen, was auf der journalistischen Hinterbühne passiert ist. Was mir besonders gut dran gefällt, ist dass sie auch zeigen, dass investigativer Journalismus nicht so funktioniert, dass man einfach ein Video auf einem USB-Stick bekommt, sondern dass da wahnsinnig viel akribische Recherchearbeit dahinter steht: Prüfung, Abstimmung, auch viele Zweifel. Dass man Spuren verfolgt, die ins Leere laufen. Für alle, die wissen wollen, wie Journalismus funktioniert, ist das Buch eine große Bereicherung."

Margit Reiter: "Die Ehemaligen. Der Nationalsozialismus und die Anfänge der FPÖ"
392 Seiten, 28 Euro, Wallstein

Barbara Tóth: "Wenn man Österreich ein bisschen besser verstehen will, und warum sich die FPÖ quasi Teil der österreichischen DNA ist und sich so hartnäckig hält, und warum ihr auch diese ganzen Skandale wie die Ibiza-Affäre nichts antun können, dann findet man die Antwort in diesem Buch. Dieses Buch ist der beste Historikerbericht, den es über die FPÖ geben kann. Es ist bahnbrechend. Es ist das Buch der Stunde."

Judith Grohmann: "Sebastian Kurz. Eine politische Biografie"
250 Seiten, 24,99 Euro, FBV

Barbara Tóth: "Das Buch hat für Lacher und Häme gesorgt, weil die Autorin im Prolog recht ausgedehnt beschreibt, wie ihre erste Begegnung mit Sebastian Kurz war. Und das ist unfreiwillig komisch, weil es ein bisschen wie ein Groschenroman geschrieben ist. Der Rest des Buches ist eine brave, biedere Biografie von Sebastian Kurz. Sie folgt im Wesentlichen seiner eigenen Erzählung und hat relativ wenig Distanz."
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