NSU-Morde

Ein Stofffetzen führt zu überraschender Wendung

Die mutmaßlichen Mitglieder der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt (l-r)
Eine Aussage von Beate Zschäpe (2. v. re) könnte die Verbindung zwischen Uwe Böhnhardt (re) und dem Fall Peggy möglicherweise aufklären. © Bundeskriminalamt/dpa
Tobias Krone im Gespräch mit André Hatting  · 14.10.2016
Mit dem DNA-Fund des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt an einem Stofffetzen in der Nähe des Fundortes der 2001 ermordeten Peggy gebe es eine überraschende Wendung, sagt Bayern-Korrespondent Tobias Krone. Die Ermittler stünden aber erst am Anfang.
Welche Verbindung es zwischen dem mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und der 2001 ermordeten Peggy geben könnte, ist bislang völlig unklar. "Es geht um einen Stofffetzen, der nicht größer als ein Zentimeter ist und der stammt wohl von einer Decke und trägt DNA-Spuren von Uwe Böhnhardt", sagte Bayern-Korrespondent Tobias Krone im Deutschlandradio Kultur über den spektakulären Fund.

"Dieser Stofffetzen wurde in der Nähe, nicht unmittelbar in der Nähe, aber doch in einem nahen Bereich von den Skelettteilen von Peggys Leiche in Thüringen gefunden." Die Ermittler seien noch ganz am Anfang. "Das ist natürlich eine wahnsinnig überraschende Wendung", sagte Krone. Es müsse nun geklärt werden, wie die DNA-Spur auf den Stoff gekommen sei.

Beate Zschäpe soll jetzt auspacken

Nebenkläger im laufenden NSU-Prozess in München hätten die Angeklagte Beate Zschäpe dazu aufgefordert, jetzt auszupacken. "Denn es gibt ja schon einige neue Fragen, die sich jetzt stellen", sagte Krone. Als Beispiel nannte er das Verhältnis zu Tino Brandt, dem früheren Anführer des Thüringer Heimatschutzes, der wegen Kindesmissbrauchs im Gefängnis sitze. Außerdem hätten sich in der Wohnung des NSU-Trios damals Computerdateien mit Kinderpornos gefunden. "Frau Zschäpe könnte möglicherweise darüber Auskunft geben und das möchte die Nebenklage jetzt natürlich erreichen."

Massive Verflechtungen mit Organisierter Kriminalität

SPD-Politiker Uli Grötsch, Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages, betonte im Deutschlandradio Kultur, es sei nicht das erste Mal, dass die Neonazi-Szene und auch der damalige Thüringer Heimatschutz mit Kinderpornografie in Zusammenhang gebracht werde.
"Wir haben ohnehin eine einzige braune Soße, in der sich der Bereich der Neonazis, des Rechtsextremismus ganz intensiv und fließend mit allen Bereichen der Organisierten Krimininalität vermischt. Dabei geht es um Waffenbeschaffung, um Schutzgelderpressung, Drogengeschäfte und Zwangssprostitution."
Auf die Frage, warum der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages die kinderpornografischen Verflechtungen des NSU bisher nicht beleuchtet habe, sagte Grötsch:
"Wir sind mit unseren Möglichkeiten durchaus auch beschränkt. Wir können nicht so intensiv arbeiten wie Ermittlungsbehörden."
Dem Ausschuss sei aber bekannt gewesen, dass es kinderpornografische Computerdateien und Kinderspielzeug in der Zwickerauer Wohnung des NSU-Trios gegeben habe. Auch über nicht zuordenbare Kleidung im Wohnmobil von Böhnhardt und Mundlos habe der Ausschuss Bescheid gewusst.
Zu dem Fundort des DNA-Materials sagte Grötsch, das sei "kein Wald, in dem man mal eben so spazieren geht". Es handele sich um "ein riesengroßes, schwer zugängliches Waldgebiet." Da liege nicht einfach zufällig etwas herum.

Weiterer Kindermord wird neu aufgerollt

Die damals neunjährige Peggy war im Mai 2001 auf dem Heimweg von der Schule verschwunden. Am 2. Juli dieses Jahres fand ein Pilzsammler zufällig Teile ihres Skeletts in einem Waldstück im Saale-Orla-Kreis - nur rund 15 Kilometer vom Heimatort des Mädchens entfernt. Böhnhardt war bereits 1993 verdächtigt worden, mit dem Mord an einem neunjährigen Jungen in Jena in Zusammenhang zu stehen. Der Fall ist bis heute ungelöst, soll aber nun nach Angaben der Staatsanwaltschaft Gera ebenfalls neu überprüft werden.
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