Norbert Bisky zur Rolle der Künstler

Der kostbare Raum Europa

Der Berliner Maler Norbert Bisky
Der Berliner Maler Norbert Bisky © Torben Waleczek / Deutschlandradio
Norbert Bisky im Gespräch mit Vladimir Balzer · 03.06.2016
Viele Menschen wüssten nicht zu schätzen, wie kostbar der Raum Europa eigentlich sei, kritisiert der Maler Norbert Bisky. Angesichts von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus stelle sich für Künstler auch eine neue Aufgabe: die Verteidigung der Diskussionskultur.
Norbert Bisky, einer der wichtigsten deutschen zeitgenössischen Maler, gehörte zu den Teilnehmern des "Forum on European Culture" in Amsterdam. Dichter und Denker haben dort drei Tage lang über die Krise Europas debattiert.
Ein wichtiges Thema dieser Tagung sei der Umgang mit dem Phänomen "Zeit" gewesen, sagte Bisky im Deutschlandradio Kultur. Es gehe um die Frage, welche Zeitdimension Kunst eigentlich transportieren könne oder wolle:
"Was aus unserer Gegenwart wollen wir in die Kunst reinholen oder auch nicht in die Kunst reinholen? Man kann ja auch sagen: Es gibt viele - gerade jetzt - politische Vorgänge, die man vielleicht lieber gar nicht ins Bild nehmen will oder in die Installation."

Politische Vorgänge - gespiegelt in Biskys Bildern

In seiner Arbeit beschäftige er sich derzeit viel mit politischen Vorgängen der unmittelbaren Gegenwart und auch mit den Flüchtlingsbewegungen, sagte Bisky. In Brasilien sei gerade eine neue Ausstellung zu diesem Thema eröffnet worden:
"Das Verrückte ist: Es gibt eine Menge dumpfe Leute, die sich zusammenschließen und so hässliche Demos machen oder Brandanschläge verüben. Und ich glaube, dass die Leute, die eigentlich eher dagegen sind oder die davon profitieren, dass es so viele individuelle Meinungen geben kann – das sind ja auch Künstler -, gerade anfangen zu entdecken: 'Oh, es wäre ja ganz gut, wenn wir uns verteidigen und diese Diskussionskultur auch schützen würden.' So weit ich das kann – und natürlich kann Malerei nicht alles – nehme ich Sachen davon auch direkt in meine Bilder hinein."

Europa: Ein Raum, in dem man frei sprechen kann

Droht die europäische Idee zu scheitern? Biskys Einschätzung lautet:
"Viele Leute in Europa wissen im Moment gar nicht richtig zu schätzen oder haben gar nicht verstanden, was für ein kostbarer Raum das eigentlich ist. Also so ein großer Raum, wo man nicht nur hin und her fliegen kann mit Billigfluglinien, sondern einfach auch frei sprechen kann. Und die Leute, die den Ostblock erlebt haben, die haben eine ganz andere Antenne dafür, weil sie die Situation auch anders kennen."
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