Nikolaus

"Eine Heilsgestalt, keine pädagogische Gestalt"

05:19 Minuten
Ein großer roter Schlitten, in dem ein als Nikolaus verkleideter Mann sitzt, schwebt vor einem Haus in der Luft, gehalten von einem starken Zugseil.
So sieht ein Nikolaus aus, vor dem Kinder keine Angst haben müssen: ohne Bart und Rute, dafür mit freundlicher Grundhaltung und klimaneutralem Verkehrsmittel. © picture alliance / dpa / Frank Hormann
Hans Mendl im Gespräch mit Axel Rahmlow · 06.12.2022
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Der Passauer Theologe Hans Mendl verlangt eine neue "Nikolaus-Erzählung". Er spricht von der Pervertierung einer Figur, die nach der Überlieferung voller Güte gewesen sei. In vielen Fällen werde mit dem Nikolaus eine Art Schwarze Pädagogik betrieben.
Am Morgen des 6. Dezember fanden viele Kinder in ihren Schuhen vor der Tür einige Süßigkeiten – wenn denn die Schuhe ordentlich geputzt waren. So geht zumindest die Erzählung. Wenn nicht, dann gibt es die Rute, sie ist das Symbol für eine Strafe. Auch das ist die gängige Nikolaus-Erzählung, weswegen nicht wenige Kinder Angst vor diesem Mann haben.

Eine Angst machende Inszenierung

Der Passauer Theologe Hans Mendl kritisiert die „Pervertierung“ der Nikolaus-Geschichte und die Inszenierung des Nikolauses, an die man sich gewöhnt habe, ohne sich noch bewusst zu machen, was da geschieht. Ihm missfällt, dass der Nikolaus als pädagogische Figur eingesetzt werde, die den Kindern vorliest, was sie im abgelaufenen Jahr gut oder schlecht gemacht haben.

Es widerspricht der Grundintention, dass die Fehler vorgelesen werden. Der Nikolaus ist eine Figur, die für das Gute im Leben steht und die Güte Gottes verdeutlichen soll.

Hand Mendl, Theologe

Wenn Kinder eine Inszenierung erlebten, die ihnen Angst macht, dann präge das auch ein bestimmtes Bild von Religion „und das ist nicht gut so“, sagt Mendl.

Der historische Nikolaus war gütig

Seinen Ursprung hat die Nikolaus-Figur im Bischof Nikolaus von Myra, um den sich viele Legenden ranken. Im vierten Jahrhundert habe er die Menschen um sich herum mit seiner Güte offenbar sehr bewegt. Er sei sehr freigiebig gewesen und habe die Gläubigen in allem unterstützt.

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Deshalb wendet sich der Passauer Theologe gegen die „Pädagogisierung“ der Nikolaus-Figur, wie diese am Abend in den Familien auftritt. Mendl berichtet von den vielen Zetteln, auf denen Eltern schreiben, was der Nikolaus sagen soll: „Auf der Vorderseite sind ganz viele Dinge, in denen sich die Kinder bessern sollen, und auf der Rückseite sind noch ein paar gute Dinge aufgeführt.“

Ansporn ist gut, aber nicht vom Nikolaus

Als bessere Alternative schlägt Mendl eine Positivliste vor. Darauf sollte alles stehen, was die Kinder schon gut tun: zum Beispiel, dass das Kind sein Instrument gut spiele, dass es super im Aufräumen sei oder Mutter und Vater gut helfe. „Wenn man es will, dann bitte nur vom Positiven her.“
In vielen Familien laufe dies bereits so. Umgekehrt gebe es aber auch Sportvereine und andere Institutionen, in denen der Nikolaus sehr gemischte Listen vorgelegt bekomme, was gut und schlecht war. Ansporn sei zwar gut, sagt Mendl, „aber sicher nicht beim Nikolaus!“
Mendl weist darauf hin, dass der Nikolaus als Figur im heutigen Sinn im 17. Jahrhundert entstanden sei, zunächst in der Schulen: „Damals mussten die Kinder erst mal Katechismus-Weisheiten auswendig lernen und vortragen. Seitdem haben wir das Bild ganz tief verankert, dass der Nikolaus eine pädagogische Gestalt ist.“ In Wahrheit sei er aber eine "Heilsgestalt" gewesen.
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