Nicht schießen will auch gelernt sein

Von Christiane Habermalz · 09.06.2011
Rio de Janeiro war noch vor kurzem eine Stadt mit einer der höchsten Mordraten der Welt. Ein gutes Viertel der Bevölkerung lebt in Slums, den sogenannten "Favelas". Diese Viertel sind seit Jahrzehnten fest in der Hand entweder von kriminellen Banden oder von "Milizen", das sind selbsternannte Ordnungshüter, meist ehemalige Militärs und korrupte Polizisten. Drogenhandel und Gewalt, Revierkämpfe, Schießereien gehören zum Alltag.
Die Polizei ihrerseits ging brachial gegen die Banden vor. Zwischen 1998 und 2009 registrierte der Bundesstaat Rio de Janeiro 10.000 Zivilpersonen, die bei Auseinandersetzungen mit der Polizei ihr Leben verloren. "Krieg von Rio" nannte das die Bevölkerung, geändert hat er an der hohen Kriminalität nichts.

Doch nun steht die Regierung von anderer Seite unter Druck: 2014 werden in Rio die Fußballweltmeisterschaft und 2016 die Olympischen Spiele stattfinden. Neue Polizeieinheiten sollen nun die Favelas befrieden: Die UPP (Unidades de Policias Pacificadoras), die "Friedenspolizei". Die neue Polizei soll nicht mehr der gefürchtete Feind der Favela-Bewohner sein, sondern der Freund und Helfer. Nach der gewaltsamen "Eroberung" einer Favela wird die UPP-Einheit fest im Viertel installiert, verhindert die Rückkehr der Banden und sorgt für Sicherheit.

Seit 2008 wird an diesem Experiment gearbeitet - mit Erfolg: In den so "befriedeten" Favelas ist die Gewalt stark zurückgegangen. Doch Kritiker sehen vor allem eine Verlagerung des Problems: Die Drogenbanden und Milizen würden nur in die benachbarten Favelas fliehen und dort weiter machen wie bisher. Und: Gegenden mit sehr hoher Gewalt im Norden und Westen Rios wurden bislang von der Planung

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