Neuer ZDF-Staatsvertrag

Ein guter Tag für kritischen Journalismus

Ein Techniker steht neben einer Leiter vor einem ZDF-Logo. Auf einem Tisch sieht man Minerlwasser und Gläser.
Ein Techniker vor dem ZDF-Logo in einem angedunkelten Presseraum. © Christian Charisius dpa
Von Ludger Fittkau · 18.06.2015
Die Politik verliert den Einfluss auf die öffentlich-rechtlichen Sender. Damit habe ein großer Skandal ein vorläufiges "Happy End" gefunden, kommentiert Ludger Fittkau. Das ZDF werde durch den neuen Staatsvertrag freier, sagt der Korrespondent vom Deutschlandradio Kultur.
Der heute von den Ministerpräsidenten auf den Weg gebrachte neue ZDF-Staatsvertrag ist das vorläufige Ende eines großen Skandals. Des Skandals nämlich, dass Politiker oder Mitarbeiter von Staatskanzleien glaubten, öffentlich-rechtliche Sender wie das ZDF wären ihre Propaganda-Instrumente, die man nach Belieben steuern kann. Durch Anrufe in laufende Sendungen hinein oder durch Personalentscheidungen, die unmittelbar von Parteiinteressen beeinflusst sind.
Genau darum ging es bei der "Causa Brender", die zum neuen ZDF-Staatsvertrag führte. Der ehemalige hessische CDU-Ministerpräsident Roland Koch und weitere Unionspolitiker im ZDF-Verwaltungsrat wollten den politisch unbequemen Chefredakteur Nikolaus Brender weg haben und sie bekamen ihn weg.
Doch der Sturz Brenders war ein Pyrrhus-Sieg für die Politik und am Ende ein Glücksfall für die Rundfunkfreiheit. Denn die "Causa Brender" landete beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Richter entschieden: Der Einfluss der Politik ist beim ZDF und bei anderen öffentlich-rechtlichen Sendern – auch beim Deutschlandradio – zu groß. Künftig dürfen nur noch maximal ein Drittel der Aufsichtsgremien der Sender aus Staatsvertretern bestehen. Deshalb wurde heute der ZDF-Staatsvertrag geändert und auch das Deutschlandradio wird seinen Staatsvertrag bald ändern müssen. Denn auch hier ist die sogenannte "Staatsbank" in den Gremien noch zu stark besetzt.
Manipulationsversuche durch Mächtige
Es wird künftig mehr Vielfalt in den Aufsichtsgremien aller öffentlich-rechtlichen Sender geben. Beim ZDF werden jetzt etwa auch Lesben und Schwule einen Platz besetzen. Dennoch werden auch künftig viele gesellschaftliche Gruppen nicht in den Gremien vertreten sein. Es gibt auch berechtigte Kritik an der Zusammensetzung der neuen Gremien des ZDF.
Doch Nikolaus Brender hat einen Wunsch. Der ehemalige ZDF-Chefredakteur möchte, dass die Redakteure des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jetzt entschlossen die Spielräume nutzen, die ihnen das Bundesverfassungsgericht gegeben hat. Er glaubt, dass das Karlsruher Urteil zum Mainzer Sender und der heute von den Ministerpräsidenten beschlossene neue Staatsvertrag den Programmachern Mut machen sollte. Mut zu kritischem Journalismus. Mut, sich gegen Manipulationsversuche durch Mächtige zur Wehr zu setzen.
Die "Causa Brender" war ein großer rundfunkpolitischer Skandal, der jetzt ein vorläufiges "Happy End" gefunden hat. Das ZDF wird durch den neuen Staatsvertrag freier. Heute ist ein guter Tag für den großen Sender auf dem Mainzer Lerchenberg. Und ein guter Tag für den unabhängigen Journalismus insgesamt.
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