Neuer Wind-Satellit im All

Genauere Wettervorhersagen dank Aeolus

Der Wind-Satellit Aeolus wurde von einer Vega-Rakete ins All gebracht. Hier ist die Trennung des Satelliten von der Rakete abgebildet.
Nach zahlreichen Verzögerungen wurde der Wind-Satellit Aeolus von einer Vega-Rakete ins All gebracht (Illustration). © ESA
Von Dirk Lorenzen · 04.09.2018
Der neue ESA-Satellit Aeolus soll Windgeschwindigkeiten rund um die Erde ermitteln - mit vielen kurzen Laserblitzen. Das 300 Millionen Euro teure System könnte auch Wetterprognosen verbessern und drohende Orkane schneller erkennen.
Sechzehn Jahre lang haben Europas Satellitenbauer und Atmosphärenforscher auf diesen Moment gewartet – aufgrund technischer Probleme hatte sich der Start des Satelliten Aeolus um viele Jahre verzögert. Doch nun war es endlich so weit:
"Attention pour la décompte finale. Dix, neuf, huit, sept, six, cinq, quatre, trois, deux, un, top, allumage, décollage… Aeolus"
Auf der Spitze einer kleinen Vega-Rakete schoss der Satellit in den leicht bewölkten Himmel über Europas Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana. Der Satellit, benannt nach dem antiken Gott des Windes, kreist nun 16 Mal am Tag über die Pole hinweg um die Erde. Wind ist eines der grundlegenden Phänomene in unserer Atmosphäre, erklärt Lars Isaksen vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage im englischen Reading.
"Gäbe es keinen Wind, so wäre es in den Tropen sehr, sehr heiß und in den Polargebieten sehr, sehr kalt. Leben, wie wir es kennen, wäre in Europa nicht möglich. Doch der Wind transportiert sehr effektiv Energie und gleicht somit die Temperaturen ein wenig an. So wie man bei offenen Fenstern und Durchzug die Temperatur im Haus reguliert, so macht das die Windzirkulation in der Lufthülle."
Ein Problem war der starke Laser, der 50 Mal pro Sekunde die Spiegeloberfläche auf 1700 Grad Celsius erhitzt. Das Teleskop muss diesen Stress mindestens drei Jahre lang aushalten. Ein Aufgeben kam trotz fast zehn Jahren Verzögerung nie in Frage. Zu wichtig ist die genaue Kenntnis des Windes, erläutert Michael Rennie, Forscher am Europäischen Wetterzentrum in Reading:
"Für unsere Gesellschaft ist diese Mission so bedeutend, weil sie Menschenleben retten kann. Es gibt immer mehr Extremwetter, starke Stürme, Überflutungen und so weiter. Je genauer unsere Prognosen sind, desto früher kann man Menschen und Unternehmen warnen und Schutzmaßnahmen einleiten. Dank besserer Vorhersagen werden weniger Menschen von den Wetterkatastrophen betroffen sein."

Aeolus dient nicht nur der Forschung und der Erprobung neuer Technologie. Die Daten des Satelliten werden schon in wenigen Wochen direkt in die Wettervorhersagen einfließen. Denn wenn die Meteorologen präzise wissen, wo gerade wie der Wind weht, lässt sich auch genauer prognostizieren, wie Wind und Wetter in ein, zwei Tagen sein werden.
Start der Vega-Rakete, die den ESA-Satelliten Aeolus ins All bringt, am 22. August 2018 von Kourou.
Start der Vega-Rakete, die den ESA-Satelliten Aeolus am 22. August 2018 ins All bringt.© Stephane CORVAJA / ESA
Aeolus kostet insgesamt rund 400 Millionen Euro – das entspricht in etwa den Kosten, die ein einziger schwerer Orkan verursacht. Aeolus kann solches Extremwetter nicht verhindern. Aber die präziseren Prognosen dürften dafür sorgen, dass künftig dank besserer Vorsichtsmaßnahmen weniger Menschen verletzt oder gar getötet werden und die Schäden etwa an Gebäuden oder in der Landwirtschaft deutlich geringer ausfallen.
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