Neuer Direktor des Sprengel Museums vorgestellt

Von Volkhard App · 28.05.2013
Nach 20 Jahren als Leiter des Sprengel Museums in Hannover will Ulrich Krempel in den Ruhestand gehen. 2014 wird seine Stelle vom 48-jährigen Reinhard Spieler aus Ludwigshafen übernommen - einem ausgewiesenen Kenner der klassischen Moderne.
Reinhard Spieler: "Sie sehen hier einen sehr glücklichen Menschen (lacht)!"

Verschiedene Namen kursierten zuletzt in der Öffentlichkeit, seiner war nicht darunter. Wann genau der Direktor des Ludwigshafener Wilhelm-Hack-Museums bei dem Auswahlverfahren ins Spiel gekommen ist, mochte Hannovers Kulturdezernentin Marlis Drevermann nicht verraten. Wohl aber, dass auf die Ausschreibung dieser Stelle 50 qualifizierte Bewerbungen eingegangen sind.

Für den 48-jährigen Reinhard Spieler sprechen offenbar seine Kenntnisse der klassischen Moderne und die ungewöhnlichen Ausstellungskonzepte, die er in Ludwigshafen verwirklicht hat, um neue Publikumsschichten zu erreichen. Auch seine Erfahrungen mit dem Management musealer Um- und Neubauten dürften von Bedeutung gewesen sein. Vor dem Engagement in Ludwigshafen war er Gründungsdirektor des Museums Franz Gertsch bei Bern. Sein Bekenntnis zur Aufgabe von Kunstmuseen hat bei seinem Auftritt in Hannover überzeugt:

"In den letzten sechs Jahren habe ich in Ludwigshafen in einem Umfeld gearbeitet, das nicht gerade kunstnah ist und wo das Museum trotzdem eine ganz zentrale Rolle in der Stadt spielt, fast als Sozialinstitution. Für mich ist Museum in gar keinem Fall ein elitärer Elfenbeinturm, in dem sich Bildungsbürger delektieren. Das sollen die auch tun, ganz klar, aber das Museum ist schon eine lebendige Institution, die in einer urbanen Gesellschaft eine entscheidende Rolle spielt: einmal als kollektiver Erinnerungsspeicher, zweitens als Seismograf, der Befindlichkeiten einer Gesellschaft aufnimmt. Und darüber hinaus ist es ein Herzschrittmacher, der selber auch aktiv wird und Impulse gibt."

Ein Museum im Umbruch
Reinhard Spieler wird in Hannover die Phase des Umbruchs begleiten: Ende 2014 soll der Erweiterungsbau fertig sein, der im Inneren der Präsentation neue Möglichkeiten eröffnet, in seiner äußeren, klotzigen Anmutung jedoch umstritten ist. Keine Frage aber, dass in diesem renommierten Museum die Ziele neu abgesteckt werden. Gabriele Heinen-Kljajic, die niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, über die Erwartungen an den kommenden Direktor:

"Ich glaube, dass Herr Spieler mit seiner thematischen Schwerpunktsetzung und seiner Ausstellungspraxis durchaus in der Lage sein wird, noch mal ein etwas schärferes Profil ins Sprengel Museum hineinzukriegen. Wir müssen es lokal im Wettbewerb mit der Kestnergesellschaft und dem Kunstverein aufstellen, wir müssen aber auch überregional, national und international bemerkt werden und Aufmerksamkeit erzeugen. Und ich glaube, das wird Herrn Spieler gelingen."

Auf eine Etaterhöhung dieses von der Stadt und vom Land geförderten Museums mochte sich bei der Pressekonferenz niemand festlegen. Aus den vorhandenen Mitteln soviel wie möglich herauszuholen, darin sieht Spieler seine Aufgabe - und reagiert ausweichend auf die Frage nach den konkreten finanziellen Spielräumen.

Ex-Direktor Krempel sorge für beachtlichen Zuwachs
Mit Ulrich Krempel geht Ende Januar 2014 ein Direktor in den Ruhestand, der den Sammlungen einen beeindruckenden Zuwachs verschafft hat: Viele Werke des Hauspatrons Kurt Schwitters konnten fürs Sprengel Museum gesichert werden, Niki de Saint Phalle bedachte Hannover mit einer großzügigen Schenkung und manche Stiftung hat darüber hinaus ihre Kollektion dem Sprengel Museum zur Verfügung gestellt.

Vorbildlich ist hier die Kunstvermittlung. Die anregenden Sonderausstellungen lohnen immer wieder den Besuch dieses Hauses. Es ist in den vergangenen Jahren im kulturell-medialen Umfeld aber auch die Frage aufgetaucht, wie diese Einrichtung im nationalen und internationalen Wettbewerb um Kulturtouristen langfristig bestehen könne. Die opulente Schau mit "Marc, Macke und Delaunay" war 2009 immerhin eine Art "Blockbuster". Werden solche schlagzeilenträchtigen Kunstereignisse künftig von Reinhard Spieler erwartet?

"Ich glaube, man erwartet keine Blockbuster, sondern ein lebendiges, funktionierendes Museum mit Besuchern. Und die müssen nicht zwangsläufig über Blockbuster kommen. Ich denke, ein Museum ist lebendig und funktioniert, wenn es Themen aufgreift, die ein potenzielles Publikum bewegen. Und das gelingt nicht nur mit Marc, Macke und Delaunay. Eine der in Ludwigshafen erfolgreichsten Ausstellungen war 'I love Aldi', die erst mal gar nichts mit Kunst zu tun zu haben scheint, sondern ein Thema aufgreift, das viele Innenstädte bewegt und damit eine Mentalität unserer Gesellschaft anspricht. Ein anderes Ausstellungsformat war 'Alles'. Zur Wiedereröffnung in Ludwigshafen haben wir radikal die ganze Sammlung gezeigt, 10.000 Werke ohne jede Ordnung. Auch das war kein Blockbuster, dafür haben wir kein einziges Werk ausgeliehen, aber das Publikum strömte wie verrückt."

Neuordnung der Sammlung statt fragwürdiger Spektakel
Die im vergangenen Jahr rückläufigen Besucherzahlen des Sprengel Museums gilt es wieder anzuheben. Doch wird sich der kommende Direktor nicht auf fragwürdige Spektakel einlassen, sondern sich stark auf die Neuordnung der hauseigenen Sammlungen konzentrieren:

"Es ist für mich ein großes Ziel, nicht nur auf den Neubau zu schielen. Die Präsentation im ganzen Haus muss ein Niveau erreichen, das wir uns alle wünschen."

Den Eindruck von Gastlichkeit will er im Sprengel Museum verstärken, auch durch Umgestaltung des Eingangsbereichs. Die Vorstellung, dass er sich schon in der zweiten Jahreshälfte an der Seite des noch amtierenden Direktors Krempel einarbeitet, lässt sich hingegen so nicht realisieren, denn Spieler erfüllt bis zum Ende des Jahres selbstverständlich seinen Vertrag in Ludwigshafen – hält für das hannoversche Publikum jedoch einen Trost ausgerechnet aus der bajuwarischen Fußballerwelt bereit:

"Pep Guardiola ist auch schon eine ganze Weile angekündigt, aber ich glaube, die Bayern-Spieler sind ganz froh, dass sie erst mal noch Jupp Heynckes trainiert. Und dann kommt Pep. Und so wird's hier vielleicht auch sein: Herr Krempel hat schon 20 Jahre lang die Champions League geholt. Für mich wird es ähnlich schwer, danach anzutreten. Aber Pep macht es auch."
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