Neue Generalintendantin in Münster

Hohe Ansprüche an weibliche Theaterleitung

10:34 Minuten
Straßenszene vor dem Theater in Münster.
Am Theater Münster löst die zukünftige Generalintendantin Katharina Kost-Tolmein ab 2022 Ulrich Petres ab. © Picture Alliance / Bildagentur-online / Schoening
Moderation: André Mumot · 04.07.2020
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Am Theater Münster übernimmt ab 2022 die Operndirektorin Katharina Kost-Tolmein die Generalintendanz. Sie spricht über weibliche Autorität, die Corona-bedingte Flexibilität an den Bühnen und über die Bedeutung des Westfälischen Friedens.
Es lässt sich nicht mehr übersehen: Die Theaterleitungen werden weiblicher. Diese Woche wurde bekannt, dass die Regisseurin Simone Sterr ab 2022 neue Intendantin des Stadttheaters Gießen wird.
Und auch die Leitung des Theaters Münster ändert sich: Die gelernte Pianistin und promovierte Musikwissenschaftlerin Katharina Kost-Tolmein löst dort Ulrich Petres ab und wird Generalintendantin. 15 Jahre lang war die langjährige Musikdramaturgin Operndirektorin am Theater in Lübeck – nun hat der Rat der Stadt Münster ihre neue Position bestätigt.

Geschichtsträchtiges Münster

Kost-Tolmein setzte sich gegen 55 Mitbewerberinnen und Mitbewerber durch. Das könnte auch damit zu tun haben, dass sie sich mit ihrem neuen Arbeits- und Lebensumfeld intensiv auseinandergesetzt hat:
"Münster als Stadt bietet auch geschichtlich einen wunderbaren Ort", so Kost-Tolmein. Sie verweist auf den Westfälischen Frieden, der 1648 in Münster geschlossen wurde. "Das ist ein geschichtlicher Hintergrund, von dem wir heute mehr denn je lernen können. Der erste Frieden, der auf Verhandlungswegen zustande gekommen ist."
Ein Vorbild fürs Theater? Die zukünftige Intendantin findet das durchaus: "In Münster hat man schon mal gesehen, dass es sich lohnt, darüber zu reden, wie man Probleme, verschiedene Interessenslagen, sehr unterschiedliche Ausgangspunkte im Gespräch vermitteln kann; dass man dann zumindest eine Art lebbaren Frieden, ein Geflecht unterschiedlicher Player, herstellen kann."

Aufgaben für Männer und Frauen

Die Ansprüche an eine weibliche Theaterleitung, für mehr Gleichstellung und Vielfalt zu sorgen, sind hoch. Dies werde aber von allen erwartet: "Ich kenne Männer und Frauen im Theaterwesen, die sich mit genau diesen Fragen beschäftigen. Ich würde mir wünschen, dass man auch bei jedem Mann, der berufen wird, genau diese Fragen stellt – aber ich glaube, das ist im Kommen."
Mit der Dominanz der Männer, vor allem im Musiktheater, hat Kost-Tolmein immer wieder zu tun gehabt. Das sei ein grundsätzliches Problem: "Es gibt einfach immer noch ganz klare Rollenvorbilder. Wie funktioniert Leitung? Was erwarten wir von einer Autoritätsperson? Ich habe oft erlebt, dass derselbe Satz wortwörtlich aus dem Mund eines Mannes wunderbar ankommt und aus dem Mund einer Frau schon wieder stärker infrage gestellt wird."

Flexibel sein, nicht nur in Coronazeiten

Man müsse sich immer wieder auch mit kleineren Schritten in die richtige Richtung zufrieden geben. "Da hat die Menschheit im Ganzen, noch viel zu lernen, weil das einfach so tief sitzt und so lange so praktiziert worden ist."
Schon laufen die Vorbereitungen für ihre erste Spielzeit als Intendantin 2022, die aber immer noch im Zeichen der Coronapandemie stehen wird. Man habe lernen müssen, sehr flexibel zu sein. Das könne man auch von Bühnenkünstlerinnen und -künstlern erwarten: "Wir sind keine Fließbandfabrik für fertige Theaterproduktionen, sondern auch Werkstätten, in denen man etwas erarbeitet und auch den eigenen Arbeitsprozess dabei reflektiert. Alles, was Offenheit und auch den Umgang mit Grenzen, mit Einschränkungen betrifft, passt zu unserer Arbeit." Nötig seien deshalb große Energie und Motivation: "Man darf nicht lockerlassen."
(amu)
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