Neue Buchmesse in Florenz

Ein Festival für Lesefreunde

06:28 Minuten
Blick in einen alten Saal während der Buchmesse Testo mit Publikum. Auf der Bühne unterhalten sich zwei Personen über ein Buch.
"Hochkarätig und sehr professionell organisiert" fand der Kulturjournalist Hans von Trotha das Veranstaltungsprogramm der Testo in Florenz. © Pitti Immagine
Hans von Trotha im Gespräch mit Andrea Gerk · 28.02.2022
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Buchliebhaber trauern noch um die abgesagte Leipziger Buchmesse, während in Florenz gerade Testo Premiere gefeiert hat: weniger Branchentreff als vielmehr ein Festival für Bücher und Lesende. Ein Vorbild dafür, wie es in Leipzig weitergehen könnte?
Der Italiener Stefano Mancuso ist Professor für Pflanzenkunde und Bestsellerautor ("Die Pflanzen und ihre Rechte"). Als solcher setzt er sich für ein neues Miteinander zwischen Mensch und Pflanze ein, auch Pflanzen sollen dabei Rechte bekommen. Etwas Ähnliches, nur für Bücher, hatte die Buchhändlerin Maddalena Fossombroni im Sinn, als sie mit Testo eine neue Buchmesse in Florenz ins Leben rief.
Die fand nun vom 25. bis 27. Februar erstmals statt. Kein Branchentreff fürs Geschäftemachen und Verhandeln um Lizenzen, sondern ein Festival der Bücher sollte es werden, in dem das Buch, das Büchermachen und das Lesen in  seiner großen Vielfalt im Vordergrund stehen, ebenso wie das Stöbern und Kaufen.

Mischung aus Messe und Popup-Buchhandlung

Nach Meinung des Literaturjournalisten und Autors Hans von Trotha ist Fossombroni diese „Bibliodiversität“ auf Anhieb sehr gut gelungen – „als Mischung aus Messe, Festival und einer gigantischen Popup-Buchhandlung“. Vielleicht ging die Idee auch deshalb auf, weil Fossombroni sich als Sponsor den Modemessen-Veranstalter Pitti Immagine ins Boot holte.
Besucher schauen sich die Bücherstände der Buchmesse Testo in Florenz an. Die Messe fand vom 25. bis 27.2. im alten Bahnhof Stazione Leopolda in Florenz statt.
Stöbern, kaufen, lesen: Bei der Buchmesse Testo stehen die Leserinnen und Leser im Mittelpunkt.© Courtesy of Testo / Stazione Leopolda
Denn, so sagt die Buchhändlerin selbst: Beim Besuch einer anderen Messe sei ihr aufgefallen, dass selbst Salamischeiben dort so vollendet "wie kostbare Perlen" in Szene gesetzt worden seien, während Bücher auf Messen  vergleichsweise lieblos behandelt würden. Deshalb wolle sie es ganz anders machen und Bücher als etwas Schönes und Wertvolles präsentieren.

Großer Andrang in der Stazione Leopolda

Dazu passe, so von Trotha, dass jedem Verlag, ob großem Konzern oder kleinem Ein-Frau-Unternehmen, eine gleich große Präsentationsfläche in Form eines Popup-Standes zur Verfügung gestanden habe.
Darüber hinaus habe es an drei Tagen ein „sehr hochkarätiges, sehr professionell organisiertes Veranstaltungsprogramm“ gegeben. Bis zu 150 Plätze habe es pro Veranstaltung gegeben, und alle seien ausgebucht gewesen. Auch in der Messehalle in dem alten Bahnhof Stazione Leopolda sei es "sehr voll" gewesen.

Die Leser stehen im Mittelpunkt

Was den Fokus auf Leserinnen und Leser anbelangt, gibt es durchaus Parallelen zur Leipziger Buchmesse, deren erneute, coronabedingte Absage viele Verlage, vor allem aber auch die Bücherfreundinnen und –freunde schmerzt. Eignet sich die Testo möglicherweise als Inspirationsquelle für die Organisatoren der Leipziger Buchmesse? Könnte es so, in noch stärkerer Abgrenzung zur Frankfurter Buchmesse, vielleicht dort 2023 weitergehen?
Das sei ein spannender Gedanke, findet von Trotha. „Wobei neu zu gründen oft einfacher ist als alte Institutionen zu reformieren“, gibt er zu bedenken. Außerdem gebe es einen fundamentalen Unterschied zwischen Deutschland und Italien: „In Italien sind Buchmessen traditionell auch Messen für den Buchverkauf, was sie in Deutschland ja ausdrücklich nicht sind.“ Gegen eine Übertragbarkeit des Testo-Konzepts spreche auch, dass in Florenz ein privater Sponsor mitfinanziere.
Aber: Die Messe in Florenz sei allemal ein guter Anlass neu zu überlegen, wohin Leipzig sich künftig bewegen wolle.
(mkn)

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