Neue Alben

Das muss man gehört haben - oder auch nicht

Konstantin Gropper alias Get Well Soon bei einem Auftritt beim Festival Kulturarena Jena, aufgenommen am 22.8.2015
Das neue Album "Love" von Get Well Soon: Der Multiinstrumentalist Konstantin Gropper schmachtet darauf in großen aufwändigen Arrangements. © imago / VIADATA
Von Uwe Wohlmacher · 29.01.2016
Das aufwendig arrangierte Pop-Album "Love" von Get Well Soon ist der große Wurf dieser Woche. Mit "The Story" verabschieden sich Runrig 43 Jahre nach Gründung der Band aus dem Tonstudio. Und die Turin Brakes passen mit "Lost Property" inzwischen in das moderne Americana-Genre.
Turin Brakes: "Lost Property"
Als die beiden englischen Musiker Olly Knights und Gale Paridjanian unter dem Namen Turin Brakes im März 2001 ihr Erstlingswerk "The Optimist LP" veröffentlichten, jubelten die Kritiker über eine der besten Debütplatten seit Jahrzehnten. Mit seinen bislang zehn Alben hat sich das Duo seitdem zu einer festen Größe in der britischen Indie-Folk-Rock-Szene etabliert.
Das neue Album "Lost Property" ist gegenüber den letzten Einspielungen ein eher intimes Album geworden, bei dem die Musiker zwar wieder mit poppigem Folkrock überzeugen, der diesmal aber mit leicht verdaulichem Country und Western aufgepeppt wurde und sich durch Streicher und liebliche Background-Chöre stellenweise zu mitreißenden Hymnen aufschwingt. Musik, die in das moderne Americana-Genre passt und nur noch wenig mit englischer Folkmusik zu tun hat. Die Turin Brakes müssen sich damit nicht verstecken.
Runrig: "The Story"
Die Gruppe Runrig ist dagegen tief in der schottischen Folk-Tradition verwurzelt, was auf ihrem neuen Album "The Story" deutlich nachzuhören ist. Diese Platte bedeutet 43 Jahre nach der Gründung der Band auch gleichzeitig den Abschied vom Tonstudio – Konzerte, Liveplatten und Akustikprojekte soll es aber auch weiterhin geben. Zu diesem musikalischen Schlusspunkt haben sich Runrig die Unterstützung der Prager Philharmoniker geholt und in dieser Verbindung gelingt es der Band, noch einmal all ihre stilistischen Facetten auszuloten und auf den Anfang ihrer Karriere zu verweisen, als sie mit ihren Folksongs in den Dancehalls in der Umgebung ihrer schottischen Heimatstadt auf der Isle Of Skye zum Tanz aufforderten.
So beginnen viele Songs ihrer aktuellen Platte meist als anmutige Volksweisen, nehmen dann aber zunehmend Fahrt auf und münden in mitreißendem Folkrock, mit dem die Gruppe jahrzehntelang begeistern konnte. Ein wenig Schwermut liegt über diesem letzten Album und das ist auch in den nachdenklichen Texten über Freunde, Heimat und Familie herauszuhören. Runrig stehen ein letztes Mal für schottische Folklore in gälischer Sprache, schwelgerische Rock-Balladen voller Magie und Mystik, die zum Mitsingen, Tanzen oder Träumen einladen.
Konstantin Gropper von Get Well Soon
Konstantin Gropper von Get Well Soon im Studio von Deutschlandradio Kultur© Torben Waleczek / Deutschlandradio
Get Well Soon: "Love"
Den ganz großen Wurf hat Konstantin Gropper mit seinem neuen Album "Love" gelandet. Deutschlands musikalisches Wunderkind, das seit 2008 unter dem Alias Get Well Soon arbeitet, schmachtet darauf in großen aufwändigen Arrangements in bester Tradition von Beach Boys, Tears For Fears oder auch Joy Division. Gropper übernimmt was ihm gefällt und setzt Bausteine der Popgeschichte zu einem eigenständigen und immer wiedererkennbaren mächtigen Sound zusammen, der bei aller Melancholie stets mitreißend ist und bei mir zumindest wohlige Schauer auslöst.
Der klassisch ausgebildete Multiinstrumentalist schichtet, ganz in der Tradition des genialen Produzenten Phil Spector, Spur um Spur übereinander, bis atemberaubend breitbandige orchestrale Klangräume entstehen. Und das passt zum Grundthema des neuen Albums, der romantischen Liebe, mit der sich Gropper in Anlehnung an Rosamunde Pilcher auf "Love" in all ihren Schattierungen beschäftigen wollte. Zumindest musikalisch ist ihm das perfekt gelungen.
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