Das muss man gehört haben - oder auch nicht
Von Uwe Wohlmacher · 11.12.2015
Weihnachtsplatten sind ein gutes Geschäft. Dass es dabei trotzdem nicht gefühlsduselig-kitschig zugehen muss, beweisen die etwas anderen Weihnachtslieder, die Uwe Wohlmacher unter den aktuellen Alben ausgemacht hat. Und die sind tatsächlich das ganze Jahr hörenswert.
Dr. Ring Ding "Once A Year"
Der Münsteraner Musiker Richard Alexander Jung, der unter dem Künstlernamen Dr. Ring Ding zur Creme der deutschen Ska-, Reggea und Dancehall-Szene gehört, hat unter dem Titel "Once A Year" seinen Beitrag zur musikalischen Umrahmung des Weihnachtsfestes abgeliefert. Fern von weinerlichem Kitsch und süßlichem Christmas-Getue wird hier musikalisch ordentlich drauflos gebolzt. Auch wenn es in Songs wie "Have Yourself A Merry Little Christmas", "Petit Papa Noel" oder "I Saw Mommy Kissing Santa Claus" thematisch passend zur Sache geht, so groovt die Band doch zwischen karibischer Lebensfreude, flottem Ska und romantischem Rocksteady derart unterhaltsam, dass man Weihnachten dabei fast vergessen könnte. Ein mitreißendes Album, das durchaus auch in anderen Jahreszeiten auf den Plattenteller gehört
Diverse: "About Christmas Songs"
Das rührige Plattenlabel Devil Ducks Records veröffentlicht bereits zum zweiten Mal einen etwas anderen Sampler mit Weihnachtsliedern und versammelt darauf Songs von Indie-Rock- und Filmklassikern wie Talking To Turtle, Polyphonie Spree, The Dead South und Bonnie Prince Billy, die es alle nicht ganz so todernst oder schaurig kitschig mit Weihnachten nehmen. So wie in dem im Hintergrund laufenden Lied "Santa's Song", das der schwedische Singer & Songwriter Victor Håkansson unter dem Alias The Culture In Memoriam aufgenommen hat. Peppig punkiger Pop mit widerborstigem Text, der von einem depressiven Weihnachtsmann und Verbrechen an den Feiertagen erzählt. Aber keine Angst in den anderen Liedern geht es zwar deutlich harmloser, aber nie zu süßlich zu. Und deshalb ein Album für alle Jahreszeiten.
Smoke Fairies "Wild Winter"
Schon im vergangenen Jahr hat das englische Duo The Smoke Fairies ein streng limitiertes Album mit Songs veröffentlicht, die sich mit der kalten Jahreszeit beschäftigen und nun ganz offiziell auch in Deutschland erscheint. "Wild Winter", so der Titel des Albums, präsentiert Lieder, die von, kalten Abenden vor dem Kamin, Schneeverwehungen und den Heiligen Drei Königen handeln – alles im folkig, verwehten, immer leicht melancholischen und ein wenig düsteren Dream-Pop-Sound des Duos. Wobei auch hier kein sentimentales Gefühl aufkommt, vielmehr eine eher distanzierte Haltung gegenüber zu viel künstlicher Gefühlsduselei und hektischer Feiertagsbetriebsamkeit. Ein Album, das daran erinnert, dass Weihnachten auch grau und einsam sein kann, passend für die Feiertage, aber eben nicht nur zu Weihnachten sehr hörenswert.
