Neu im Kino: „Zweite Chance“

Das fremde Kind

Szene in dem Film "Zweite Chance"
Nikolaj Coster-Waldau als Andreas und Maria Bonnevie als Anna in „Zweite Chance“ © picture alliance / dpa / Foto: Prokino Filmverleih
Von Susanne Bier |
Ein Baby stirbt und ein Ehepaar gerät in eine tiefe Krise – da fasst der Mann einen folgenreichen Entschluss. Mit „Zweite Chance“ bringt die dänische Dogma-Regisseurin Susanne Bier einen kompromisslosen Thriller ins Kino.
Nach ihrem Oscar für „In einer besseren Welt“ hat die dänische Dogma-Regisseurin Susanne Bier sich längere Zeit vor allem an englischsprachigen Projekten versucht. Die Bewertung dieser „englischen Phase“ durch die heimische, aber auch internationale Kritik fiel zwiespältig aus. Ihr Versuch die Schicksalsschwere der Dogma-Bewegung in einen Hollywoodkontext zu übersetzen, hat viel zu selten funktioniert. Aber vielleicht ist es ja so, dass die Härte, die Gewaltbilder mit all ihrer moralischen Ambiguität eben am besten in einem spezifisch dänischen Kontext funktionieren. Das ist jedenfalls das Erste was einem durch den Kopf geht, wenn man Biers neuen Film „Zweite Chance“ sieht.
Andreas will seine Ehe mit einer Verzweiflungstat retten
Hier kehrt sie wieder zurück nach Dänemark und schildert hart, kompromisslos und in einem süchtig machenden Rhythmus die Geschichte des Polizisten Andreas, der bei einer Razzia das Baby eines drogensüchtigen Pärchens findet und es zunächst in Sicherheit bringt. Als dann sein eigenes Kind stirbt, fällt Andreas die Entscheidung, den Säugling mit nach Hause zu nehmen. Es ist eine Verzweiflungstat, denn die Ehe der beiden droht nach dem Tod ihres eigenen Kindes zu zerbrechen. Welche Folgen diese Entscheidung für alle Beteiligten haben wird, wird erst nach und nach deutlich.
„Zweite Chance“ ist ein Thriller, der sich in erster Linie über Rhythmus definiert. Die Bilder sind rau, entsättigt und offen für die Gewalt, die sich die Figuren gegenseitig antun. Die Frage ist, ob das nicht schon genug wäre, denn am Ende hat Drehbuchautor Anders Thomas Jensen eine Wende im Handlungsverlauf eingebaut, die fast alles vorher Gesehene auf den Kopf stellt. Man kann über diese Konstruktion sicherlich meckern. Man kann sagen, dass sie künstlich erscheint und auch, dass es sich hierbei um einen recht billigen dramaturgischen Trick handelt, es nimmt dem Film allerdings nichts von seiner spannungsgeladenen Effizienz.

„Zweite Chance“ unter der Regie von Susanne Bier
Darsteller: Maria Bonnevie, Ulrich Thomsen, Nikolaj Coster-Waldau
Dänemark/Schweden 2014, ab 12 Jahre

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