Vorgespult

Konfrontation mit unseren Urängsten

Szene in dem Film "Zweite Chance"
Nikolaj Coster-Waldau als Polizist Andreas und Maria Bonnevie als seine Frau Anna in "Zweite Chance". © picture alliance / dpa / Foto: Prokino Filmverleih
Von Noemi Schneider · 09.05.2015
Bei einem Einsatz entdeckt Der Polizist Andreas einen völlig verwahrlosten Säugling. Als überraschend sein eigenes Baby stirbt, treffen er und seine Frau in "Zweite Chance" von Susanne Bier eine folgenschwere Entscheidung. Außerdem kommen neu in die Kinos "Ostwind 2" und "Café Ta'amon".
"Ostwind 2"

Alle Mädchen lieben Pferde. Dieser Satz trifft zumindest auf die Regisseurin Katja von Garnier zu, die zum wiederholten Mal die 15-jährige Mika auf das Gestüt ihrer Großmutter schickt, wo sie einen unvergesslichen Sommer mit ihrem geliebten Pferd Ostwind verbringen will. Kaum in Kaltenbach, häufen sich jedoch die Probleme.
"Sie haben bereits eine Hypothek auf ihrem Hof, mit deren Tilgung sie seit drei Monaten im Rückstand sind, da kann ihnen unsere Bank nicht einfach eine kleine Verlängerung gewähren."

"Es tut mir leid Maria, aber ich sehe da auch keinen Spielraum mehr."


"Was ist mit diesem Wunderpferd, dass du gekauft hast?"


"Ahn, genau. Ostwald, Südpol..."


"Ostwind."


"Gekauft für eine viertel Million. Das wär doch was?"


"Ich brauch doch nur ein paar Monate Aufschub."


"Zwei Wochen, dann kommt Kaltenbach unter den Hammer."
Das Gestüt steht vor dem Ruin und der sagenumwobene Ostwind hat sich in eine geheimnisvolle weiße Stute im Wald verliebt.
"Ah, aua."
"Warte!"
Regisseurin Katja von Garnier gelingt auch im zweiten Teil von "Ostwind" ein spannendes und opulentes Pferdemärchen um die Rettung des Gestüts, dass an einigen Stellen etwas überinstrumentiert geraten ist, wenn sich beispielsweise die beiden Pferde in Til Schweiger-Manier zu einem Popsong ineinander verlieben, aber vermutlich entspricht das dem Pferdefilmzeitgeist.

"Ostwind 2", Regie: Katja von Garnier
Darsteller: Hanna Binke, Amber Bongard, Jannis Niewöhner, Marvin Linke, Cornelia Froboess, Tilo Prückner, Nina Kronjäger, Jürgen Vogel, Henriette Morawe, Max Tidof, Walter Sittler
Deutschland 2015, ohne Altersbeschränkung
Weitere Informationen zum Film finden Sie auf der Homepage.
"Zweite Chance"
Bei einem Einsatz, entdecken die beiden Polizisten Andreas und Simon im Badezimmer einer Junkie-Wohnung einen völlig verwahrlosten Säugling.
"Solange das Kind nicht unterernährt und soweit gesund ist, können wir es ihnen nicht wegnehmen."

"Die Wohnung ist ne Müllhalde, verdammt nochmal, das sind Junkies."

"Scheiße, wieso wussten wir nicht, dass Tristan entlassen wurde."

"Der muss wieder ins Gefängnis und das Kind muss ihnen weggenommen werden."

"Das ist ein totaler Psychopath. Wir müssen ihn drankriegen!"
Doch den beiden Polizisten sind die Hände gebunden. Simon, der sein Leben seit seiner Scheidung nicht mehr im Griff hat, schlägt sich die Nacht in einem Strip-Lokal mit ordentlich Alkohol um die Ohren. Andreas kehrt zu seiner kleinen Vorzeige-Familie in das Designerhaus am Meer zurück.
"Schläft er?"

"Ja, er schläft."

"Schön, dass er da ist."

"Schön, dass wir ihn jetzt haben. Ich kann's immer noch nicht glauben."
In der folgenden Nacht machen Andreas und seine Frau Anna jedoch eine schreckliche Entdeckung. Ihr Sohn Alexander liegt tot in der Wiege. In seiner Verzweiflung und mit der festen Überzeugung, das "Richtige" zu tun, entschließt sich Andreas zu einer folgenschweren Tat. Er legt seinen toten Sohn ins Badezimmer der Junkies und nimmt deren Baby Sophus mit nach Hause.
"Es wird auffliegen!"

"Was soll denn da auffliegen, uns verdächtigt sowieso niemand."

"Das perfekte Verbrechen."

"Nein, das ist kein Verbrechen."
"Zweite Chance" der dänischen Regisseurin Susanne Bier ist ein wuchtiges Sozialdrama, das um die Frage nach den guten und den schlechten Eltern kreist. Am Ende nimmt der Film eine ungeahnte Wendung, die nicht nur die Figuren mit ihren Urängsten konfrontiert, sondern auch dem Zuschauer einiges abverlangt.
"Ich bin hier zu Hause. Hat man hier Geld, kann man Kaffee bekommen, hat man kein Geld, kann man auch Kaffee bekommen! Fertig!"
"Zweite Chance" unter der Regie von Susanne Bier
Darsteller: Maria Bonnevie, Ulrich Thomsen, Nikolaj Coster-Waldau
Dänemark/Schweden 2014, ab 12 Jahre

"Café Ta'amon - King George Street, Jerusalem"

Das unscheinbare Café "Ta'amon" gab es länger als den Staat Israel. Seit 1936 trafen sich in der King George Street in Westjerusalem linke und rechte Studenten, Künstler, Politiker, Literaten und Aktivisten zum Gespräch.
In Michael Teutschs' Film erinnern sich ehemalige Gäste, Mitarbeiter und der Besitzer Mordechai Kopp an die bewegten politischen Zeiten und Berühmtheiten im Ta'amon.
"Ben Gurion nicht. Aber Begin ja. Golda Meir ja, die kamen alle. Die waren gute Freunde."
Dem Filmemacher gelingt eine lebendige und atmosphärische Hommage an eine Jerusalemer Institution und erinnert an eine aktive israelische Linke, die sich im Ta'amon in den 60er und 70er-Jahren die Köpfe heiß redete und für eine Lösung des Nahostkonflikts kämpfte.
"Es hat sich wirklich alles in diesem Café abgespielt und unter den Augen von Kopp und der hat wirklich alles mitgemacht und mitgelebt und mitunterstützt."

"Café Ta'amon - King George Street, Jerusalem" unter der Regie von Michael Teutsch
Mitwirkende: Reuven Abergil, Hamis Ahin, Eli Amonov, Moshe Bar-Ezer, Uli Bocker, Alfonso Cerf, Daniel Cohn-Bendit, Magdalena Hefetz, Lora Horowitz, Chaim Hanegbi, Serge LeMaître, Norman Seisglat, Lea Tsemel, Michel Warschawski, Meir Wigoder, Shimshon Wigoder
Deutschland 2013