Neu im Kino

Pointierte Travestie

Glücklicher Gewinner: Der französische Schauspieler und Regisseur Guillaume Gallienne mit den Cesar-Trophäen für seinen Film "Les Garcons et Guillaume, a table" 2014 in Paris.
Glücklicher Gewinner: Der französische Schauspieler und Regisseur Guillaume Gallienne mit den Cesar-Trophäen für seinen Film "Les Garcons et Guillaume, a table" (Dt. "Maman und Ich") 2014 in Paris. © picture alliance / dpa / Ian Langsdon
Von Hans-Ulrich Pönack  · 04.06.2014
In dem köstlichen Schelmenstreich ist Guillaume Gallienne Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller in zwei Rollen in Personalunion. Er spielt sich selbst und seine Mutter. Der Debütfilm, der in Frankreich ein Kinohit war, endet mit einem Coming-Out.
Der neue französische Komödienhit hat viel mit ihm zu tun: Guillaume Gallienne, geboren am 8. Februar 1972 in Neuilly-sur-Seine, ist ein französischer Autor, Komiker, Schauspieler und Regisseur. Er ist Mitglied der "Comédie Francaise". Bei uns ist er weniger bekannt, in Filmen wie "Asterix & Obelix – Im Auftrag Ihrer Majestät" oder "Das Konzert" oder "Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran" spielte er eher kleine Nebenrollen.
Jetzt hat seine Stunde geschlagen
Nun aber hat seine große Darstellerstunde geschlagen: Erst mit seinem selbstironischen, autobiografisch gefärbten Roman, der 2009 in Frankreich zum Verkaufsschlager wurde, dann - ein Jahr darauf - mit seinem umjubelten gleichnamigen Bühnenstück "Les Garcons et Guillaume à table!", also "Jungs und Guillaume, zu Tisch!" (so lautet auch der originale Filmtitel), danach mit der filmischen Adaption desselben, die in Frankreich von bislang mehr als zwei Millionen Kinobesuchern gesehen wurde und bei der diesjährigen "César"-Vergabe mit zehn Nominierungen und fünf Trophäen (darunter "Bester Film"; "Bester Hauptdarsteller") gründlich abräumte.
Guillaume als Guillaume
Man zählt zur oberen gutbürgerlichen französischen Gesellschaftsschicht. Die temperamentvolle Mutter (auch: Guillaume Gallienne), die aus Spanien stammt, der konservative Vater, drei Jungs. Zwei normal, Guillaume offensichtlich feminin, also schwul. Jedenfalls wird er von seiner Maman so behandelt, weil sie doch so gerne als drittes Kind ein Mädchen bekommen hätte und also auf Guillaume – als Mädchen - fixiert ist.
Coming Out-Finale
Er verehrt Maman und will alles richtig machen. Also ahmt er sie nach, in Bewegung und Stimme, ist zufrieden, wenn sie ihn vom Sport fernhält und lieber zum Flamenco-Unterricht schickt, wo er natürlich den weiblichen Part trainiert. Guillaume verkleidet sich gern als Kaiserin Sissi, was den (offensichtlich begriffsstutzigen) Vater zunehmend irritiert, landet schließlich auf einem englischen Internat, wo er sich regelkonform, aber unerwidert in einen Mitschüler verliebt. In "Maman und Ich" wird die Identitätskrise mal andersherum erzählt mit einem überraschenden Coming Out-Finale.
"Maman und Ich" ist ein köstlicher Schelmenstreich ohne Haudrauf-Klamauk, eher zum Schmunzeln. Ein Mensch als naiver Narr, der lange schmerzvoll ackert, um zu begreifen, dass es gilt, endlich seine Ängste zu überwinden.
Guillaume Gallienne als Mutter und Söhnchen bietet eine charmante Performance. Sein Debütfilm ist die köstliche Begegnung mit einem pfiffigen französischen Clown, dessen pointierte Travestie sich als ein sympathisch gallisches Komödien-Schmankerl offenbart.

Frankreich / Belgien 2012/2013, Originaltitel: "Les garçons et Guillaume, à table!"
Regie und Buch: Guillaume Gallienne.
Mit: Guillaume Gallienne, André Marcon, Francoise Fabian, Diane Kruger.
Länge: 85 Minuten. FSK: ab 12 Jahre.

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