Neu im Kino: "Ferien"

Urlaub vom Selbst

Szene aus "Ferien": Papa (Detlev Buck) und Vivi (Britta Hammelstein) auf der Fähre.
Szene aus "Ferien": Papa (Detlev Buck) und Vivi (Britta Hammelstein) auf der Fähre. © © Nicolai Mehring / DCM
Von Hannelore Heider · 07.07.2016
Vivian ist frischgebackene Staatsanwältin und will bald mit ihrem Freund zusammenziehen. Als ihr das alles zuviel wird, lässt sie sich von ihrem Vater zu einem Kurzurlaub auf einer Insel überreden. Doch das verlängert nur ihr Aussteigen aus dem vorgezeichneten Leben.
In dieser auf einer kargen Nordseeinsel spielenden, lakonisch- skurril erzählten Aussteigergeschichte über eine junge Frau fühlt sich der Zuschauer gar nicht wie in einer deutsche Komödie. Eher versetzen uns der Ton der Dialoge, die Landschaft und die Protagonisten in die besondere Stimmung einer skandinavischen Produktion. Sehr besondere Charaktere behaupten sich in verqueren Situationen , ohne dass Komik überstrapaziert wird oder Beweggründe wortreich erklärt werden.
So fällt die frischgebackene Staatsanwältin Vivian Baumann in einer Routineverhandlung plötzlich aus der Rolle, legt die Robe ab und beendet zumindest vorerst eine Karriere, für die sie sich im Studium jahrelang geschunden hat.
Ihr passiert nicht das, was man heute modisch Burn Out nennt. Sie verweigert sich einfach den selbstgewählten Anforderungen und verprellt auch ihren Freund, mit dem sie endlich zusammengezogen ist. Sie macht sozusagen Ferien von sich.
Etwas leichtfertig, wie man sehen wird, hatte das ihr Vater (Detlef Buck) vorgeschlagen und nicht geahnt, das daraus mehr wird als ein Atemholen. All seine Versuche, Tochter Vivi (Britta Hammelstein) wieder zurück ins aktive Leben zu holen, scheitern als tragikomische Versuche eines Menschen, der auch nichts zustande bekommen hat.

Schwebezustand in einer unwirklichen Welt

Vivi setzt sich fest, arbeitet im Inselladen eines Eigenbrötlers (Ferdinand von Schirach) und übernimmt nicht ganz freiwillig die Verantwortung für einen fordernden 13-Jährigen (Jerome Hirthammer).
Dieser Schwebezustand in einer fast unwirklichen Welt wird nicht definiert, sein Ende nicht vorgegeben, der Zuschauer muss sich selbst seinen Reim darauf machen. So erfrischend dieser eigene, um Konventionen unbekümmerte Erzählton und das Darstellerduo Britta Hammelstein und Detlef Buck auch sind, richtig ernst wollten Regisseurin Bernadette Knoller und ihre Ko-Drehbuchautorin Paula Cvetkovic den in dieser Geschichte steckenden Konflikt nicht nehmen, es bleibt bei einer Skizze.
Regisseurin Bernadette Knoller (Tochter von Detlev Buck) und Schauspielerin Inga Busch bei der Präsentation ihres Films "Ferien".
Regisseurin Bernadette Knoller und Schauspielerin Inga Busch bei der Präsentation des Films "Ferien".© imago stock&people
Für das Drehbuch ihres Abschlussfilmes an der Filmakademie Konrad Wolf in Babelsberg wurden sie auf dem Max-Ophüls-Filmfestival mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnet.

"Ferien"
Deutschland 2016, Regie: Bernadette Knoller
Darsteller: Britta Hammelstein, Detlev Buck, Jerome Hirthammer, Inga Busch, Ferdinand von Schirach
Länge: 98 Minuten, FSK: ab 0 Jahren

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