Gudrun Harrer: Nahöstlicher Irrgarten. Analysen abseits des Mainstreams.
Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 2014
192 Seiten, 22 Euro
Kein Ende des Terrors in Sicht

Seit dem Sommer ziehen radikalislamische IS-Milizen durch den Nahen Osten. Die Journalistin Gudrun Harrer kennt die Region. In ihrem Buch "Nahöstlicher Irrgarten" warnt sie vor einer Auflösung der politischen Ordnung - und geht mit dem Westen hart ins Gericht.
Der Irak liegt in Trümmern. Die Milizen des "Islamischen Staats" unterwerfen Stadt für Stadt, Dorf für Dorf, sie unterjochen das Land.
Was sind die Ursachen der neuerlichen Gewaltexplosionen in der Region? Ist die Lage trotz oder wegen der vergangenen Interventionen des Westens so desolat? Und welche Pläne haben die Dschihadisten, die die Herrschaft im arabischen Raum anstreben?
Gudrun Harrer, außenpolitische Redakteurin der Wiener Tageszeitung "Der Standard", hat die Region im Jahre 2006 als Sondergesandte des österreichischen EU-Vorsitzes bereist. Ihre Analysen sind hart: Vermeidbare Missverständnisse mit fatalen Folgen seien typisch für westliche Interventionen.
"Es ist einfach falsch anzunehmen, dass Intervention A das Resultat B bringt. Auch jetzt denkt man, man könne den Islamischen Staat militärisch schlagen. Das stimmt sehr wahrscheinlich nicht."

Cover: "Nahöstlicher Irrgarten" von Gudrun Harrer© Verlag Kremayr & Scheriau
IS ist militärisch nicht zu schlagen
Vermutlich, sagte Gudrun Harrer in der Lesart, erlebten wir gerade die Auflösung der politischen Ordnung, wie sie im Nahen Osten nach dem Ersten Weltkrieg etabliert worden sei. Ein baldiges Ende des derzeitigen Terrors sei nicht in Sicht: "Da sehen wir alle schwarz."
Die Folge: Gerade weil westliche Interventionen oft fehlschlügen, vermuteten viele Araber hinter allem eine geheime Agenda: "Verschwörungstheorien gibt es überall auf der Welt – aber nirgends begegnen sie einem in einer solchen Massivität wie im Nahen Osten."
Viele Menschen seien überzeugt, die Folgen des Arabischen Frühlings seien von den USA gesteuert worden, um eine flächendeckende Herrschaft der Muslimbrüder zu etablieren. Andere glauben, der Islamische Staat sei eine Kreation des Mossad gemeinsam mit dem saudischen König.
"Das Absurde ist: Der Widerspruch dieser Verschwörungstheorien verunsichert die, die daran glauben, nicht – er bestärkt sie."