Nachrichten aus der Sonnenstadt

Von Johannes Kirsten |
Als Vasil Bykau am 22. Juni 2003 starb, war eine Stimme verstummt, die auch über die Landesgrenzen hinaus gehört wurde. Der Todestag fiel ausgerechnet auf jenen Tag, an dem sich der Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion jährte. Der Krieg und dessen Wüten auf dem Gebiet des heutigen Weißrusslands war Bykaus Thema. Seitdem ist es ruhig geworden um die Literatur Weißrusslands.
Ruhig in unserer Wahrnehmung. Denn in Minsk hat sich eine junge Literatenszene herausgebildet, die seit mehreren Jahren vital und produktiv ist. Ihnen sind Baudelaire und Rimbaud und die europäischen Avantgardeströmungen der 20er Jahre näher als die als starr empfundene Sowjetliteratur und die aktuelle Kulturpolitik ihres Landes.

Sie sind jung und sie schreiben ihre Texte auf Weißrussisch, einer Sprache, von der kaum jemand weiß, dass sie existiert. Gruppiert um den kleinen, unabhängigen Lohvinau Verlag erheben sie unbeirrt ihre Stimme, setzen ihre eigene Beschreibung der Welt dem Alltag entgegen. Allen gemeinsam ist eine Sehnsucht nach der Moderne und nach Europa.

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