Nachkommen jüdischer Flüchtlinge

Vertriebene Sepharden erhalten spanische Staatsbürgerschaft

Ein kunstvoll gefertigter Behälter für Gesetzestafeln der Sephardim. Sephardim werden die Juden genannt, die 1492 Spanien verlassen mussten.
In solch einem kunstvollen Behälter sammelten die Sepharden, die 1492 Spanien verlassen mussten, ihre Gesetzestafeln. © picture-alliance / dpa / Wimmer
Albrecht Buschmann im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 12.06.2015
Das spanische Parlament hat 500 Jahre nach der Vertreibung der Juden aus Spanien ein Gesetz beschlossen, das den Nachkommen der sephardischen Flüchtlinge die spanische Staatsbürgerschaft zugesteht. Der Kulturwissenschaftler Albrecht Buschmann erklärt, was die Entscheidung über den Umgang der Spanier mit ihrer Geschichte aussagt.
Sepharden werden die Juden genannt, die bis zu ihrer Vertreibung 1492 und 1513 auf der Iberischen Halbinsel lebten - und auch ihre Nachfahren. Mit dem neuen Gesetz hat sich das spanische Parlament sowohl der Gegenwart als auch der Vergangenheit zugewandt. Es ging um die damalige Vetreibung und um die Folgen für ihre Familien. Vor allem aber ging es um den generellen Umgang der Spanier mit ihrer eigenen Geschichte.
Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo sprach von der "Wiedergutmachung einer historischen Schuld". Albrecht Busch, Professor für spanische und französische Literatur- und Kulturwissenschaft an der Universität Rostock, wies im Deutschlandradio Kultur darauf hin, dass die konservative Regierung von Mariano Rajoy mit dem Gesetz auf die sozialistische Vorgängerregierung reagiert. Diese hatte den Nachfahren der von den Francisten ins Exil getriebenen Republikanern 2007 das Recht auf die spanische Staatsbürgerschaft zuerkannt.
"Mein Eindruck ist, dass es ein Gesetz mehr für die Spanier selbst ist und für die Versöhnung mit ihrer eigenen, sehr schwierigen Exilgeschichte", sagte Albrecht Buschmann.
Eine der schmerzlichsten Episoden der spanischen Geschichte
Die "katholischen Könige" Isabella I. und Ferdinand II. hatten 1492 den letzten maurischen Herrscher vertrieben und die Juden im selben Jahr vor die Wahl gestellt, zum katholischen Glauben überzutreten oder das Land zu verlassen. "Die Erwartung damals", so Buschmann, "war, dass die meisten sich taufen lassen und bleiben würden."
Dass sie ihrem Glauben treu blieben, sei auch ein "ökonomischer Rückschlag" für Spanien gewesen, mit dem die Könige nicht gerechnet hatten. Bis heute sei die Vertreibung der Sepharden "eine der schmerzlichsten, schwierigsten und meist diskutierten Episoden der spanischen Geschichte".
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