Nach Eskalation in der Ukraine

    Präsident Janukowitsch soll zu Neuwahlen bereit sein

    20.02.2014
    Bei Gefechten zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sind in Kiew zahlreiche Menschen gestorben. Die EU-Außenminister einigten sich am Abend auf Sanktionen gegen die politische Führung der Ukraine.
    Ist das die Wende? Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch soll nach Angaben des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk mit Neuwahlen im laufenden Jahr einverstanden sein. Zudem sei die Bildung einer "Regierung der Nationalen Einheit" binnen zehn Tagen vereinbart worden.
    Oppositionsführer Vitali Klitschko betonte dagegen, bei den Verhandlungen gebe es noch keine handfesten Ergebnisse. Auch er zeigte sich aber optimistisch. Vorangegangen waren am Donnerstag gewaltsame Zusammenstöße und lange Verhandlungen.
    Mindestens 36 Menschen waren bei neuen Zusammenstößen in der Ukraine gestorben. Radikale Regierungsgegner gingen sogar von insgesamt 60 Toten aus.
    Sabine Adler berichtete im Gespräch mit Deutschlandradio Kutur von "offenen Kämpfen" und zahlreichen aufgebahrten Leichen. Es gebe "Szenen wie aus einem Krieg".
    "Hauptverantwortung" für die Gewalt
    In einem Telefonat hatte Kanzlerin Angela Merkel bereits zuvor der ukrainischen Staatsführung die "Hauptverantwortung" für die Gewalt zugesprochen. Alle Seiten müssten unverzüglich von Gewalt Abstand nehmen und die vereinbarte Waffenruhe umsetzen.
    Oppositionspolitiker Klitschko machte die Polizei für den Bruch des vereinbarten Gewaltverzichts verantwortlich. "Wir sehen die Situation außer Kontrolle", erklärte Klitschko.
    Nach Angaben des ukrainischen Innenministers Vitali Sachartschenko hatten Sicherheitskräfte des Landes am Donnerstag Schusswaffen für den "Anti-Terror-Einsatz" erhalten. Die Waffen dürften in Übereinstimmung mit dem Gesetz auch mit scharfer Munition eingesetzt werden, sagte Sachartschenko. Von den Oppositionsführern forderte er, sich von "radikalen Handlungen" zu distanzieren.
    In Brüssel auf Sanktionen geeinigt
    Begleitet von den Kämpfen in Kiew und von den Berichten über die bürgerkriegsähnlichen Zustände, verhandelte ein EU-Vermittler-Trio um Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit dem ukrainischen Präsidenten Janukowitsch.
    Wie Annette Riedel berichtete, blieben die drei Außenminister vorerst in Kiew. Es gebe Chancen für einen Kompromiss zwischen der ukrainischen Regierung und der Opposition, hieß es vor dem von Tusk verkündeten Durchbruch der Vehandlungen in diplomatischen Kreisen.
    Die ursprünglich geplante Reise nach Brüssel zum Treffen mit den anderen EU-Amtskollegen hatte Steinmeier abgesagt. Bei dieser Konferenz beschlossen die übrigen Außenminister am Vorabend die Kriterien für Sanktionen gegen die ukrainische Führung.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (rechts) trifft den ukrainischen Oppositionspolitiker Vitali Klitschko in Kiew.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (rechts) trifft den ukrainischen Oppositionspolitiker Vitali Klitschko in Kiew.© dpa / picture alliance / Tim Brakemeier

    Auch die USA verhängten als Reaktion auf die Gewalt Sanktionen gegen ukrainische Funktionäre. Die Verantwortlichen für die Stürmung des Maidan dürfen nicht mehr in die Vereinigten Staaten einreisen, berichtete Ralph Sina im Deutschlandradio Kultur.
    Nach Ansicht des Wirtschaftsexperten Ricardo Guicci sind vor allem wirtschaftliche Probleme die stärksten Ursachen für die politische Krise in der Ukraine. Mit einem Programm des Internationalen Währungsfonds (IWF) könne man das Land unabhängig machen von den bislang so wichtigen russischen Hilfen, sagte Guicci im Deutschlandradio Kultur.
    Janukowitsch hatte mit der Opposition am Mittwoch einen Gewaltverzicht vereinbart und damit vorübergehend die Lage entschärft, berichtete Bernd Großheim im Deutschlandradio Kultur.
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    Mit der Entwicklung in der Ukraine beschäftigt sich auch die "Ortszeit" ab 22.30 Uhr.

    Über die Lage in der Ukraine sprach auch Elena Kropatcheva vom Hamburger Institut für Friedensforschung im Deutschlandradio Kultur.

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