Musik als Machtmittel

Klänge im Namen der Ideologie

Eine Statue von Georg Friedrich Händel in seiner Geburtsstaat Halle an der Saale.
Nordischer Krieger oder Klasenkämpfer? Die Musik Georg Friedrich Händels wurde für unterschiedliche Ideologien vereinnahmt. © imago/Westend61
Wolfgang Hirschmann im Gespräch mit Anke Schaefer und Christopher Ricke · 01.10.2015
Sie erfreut unser Herz, sie kann rühren, zum Lachen oder Weinen bringen. Aber Musik kann auch verführen - als Träger von Ideologie und Macht. Schuld daran ist nicht ihr Klang, sondern der Mensch, sagt Wolfgang Hirschmann von der Gesellschaft für Musikforschung.
Seit wann und wie wurde Musik im Dienste von Ideen eingesetzt - und was entstand daraus? Darüber tauschen sich Musikforscher auf dem Symposion "Macht – Wissen – Widerstand: Musik als Ideologem" in Halle aus. Leiter Wolfgang Hirschmann hat mit uns darüber gesprochen, wie viel ideologisches Potenzial Musik besitzen kann.
Die Musik für sich genommen sei eigentlich bedeutungsoffen, so Hirschmann im Deutschlandradio Kultur. "Das macht sie eben auch so interessant für bestimmte Auslegungen. Sie ist nicht so klar definiert wie ein literarischer Text." Deshalb könne man sie auch benutzen, um bestimmte Aussagen hineinzulegen. "Das läuft sehr stark über Zuschreibungen."
Von allen vereinnahmt - Georg Friedrich Händel
Als Musterbeispiel für die Vereinnahmung von Musik nannte Hirschmann die Oratorien Georg Friedrich Händels: "Das ist eine riesen-bunte Palette: Im Kaiserreich war er eine deutsche Herren-Natur, in der Weimarer Republik erklärt man ihn dann zum Demokraten und im Nationalsozialismus wird er plötzlich zum nordischen Kämpfer - da ist er plötzlich der Wikinger der Musik. In der DDR ist er kämpferisch-konkret dem Volk zugewandt, dem Neuen aufgeschlossen, vorwärtsweisend, optimistisch - da wird ihm so ein klassenkämpferischer Inhalt zugeschrieben. Und bei uns in der Bundesrepublik hat man seine hohe und tiefe Menschlichkeit hervorgehoben. Und 2009 hat man ihn auch noch als großen Europäer gefeiert."
Hirschmann: "Das sind im Grunde die selben Werke, die aber immer wieder neu zugeschrieben werden und in die verschiedenen ideologischen Raster eingebaut werden."
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