"Mouse on Mars" in München

Spiegellabyrinth der Klänge

05:26 Minuten
Mouse on Mars stehen vor ihren Werken im Lenbachhaus.
Eine Inszenierung von Klang, Licht, Farbtönen und Bewegung: Mouse on Mars im Lenbachhaus in München © Lenbachhaus / Foto: Simone Gänsheimer / Visualisierung: Rupert Smyth
Von Tobias Krone  · 01.07.2022
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Mit beweglichen Lautsprechern wirft das Duo "Mouse on Mars" Klänge durch einen großen Raum im Lenbachhaus München. Klassische Akustik spielt dabei für die Musiker ebenso eine Rolle wie Elektronik.
Es gibt wohl wenige Künstler:innen, die selbst so gern ihren eigenen Klängen zuhören wie Jan St Werner von der Band "Mouse on Mars", der seit 1993 zusammen mit Andi Toma im Duo musiziert. Und es ist nicht nur Klang, es ist eine umfassende Druckmassage fürs Trommelfell.
Andächtig steht Jan St Werner umgeben von ein paar Lautsprechern auf Ständern, ein paar Scheinwerfern inmitten von dem, was er geschaffen hat. Oder das, was dieser Raum mitgeschaffen hat.
Der Kunstbau – ein ganz besonderer Raum. Die Kuratorin Eva Huttenlauch vom Münchner Lenbachhaus sagt dazu: "Der Klang wird wirklich dadurch gefiltert, dass die Lautsprecher durch den Raum strahlen, alles filtert mit."

Ein Hohlraum für die Kunst

Der Raum ist ein unterirdischer Raum, der mal beim Bau der U-Bahn in den 1970er-Jahren entstanden war und als Hohlraum übrig blieb. Seit den 1990er-Jahren gehört er zum Museum dazu und schien als langer Schlauch zunächst nicht so geeignet für die Kunst.
Wie genau es zu der genialen Idee kam, dass "Mouse on Mars" ausgerechnet in diesem halboptimalen Betonquader ihre Klänge ausstellen, wissen die beiden nicht mehr. Auch die Definition dessen, was die Museumsplaktate unter dem Titel „Spatial Jitter“ bewerben, fällt Huttenlauch schwer.
Man muss es erleben, dann ist es viel weniger kompliziert, denn man sieht und hört, was hier passiert, zum Beispiel, wie ein badewannengroßer Subwoofer auf dem Boden stehend einen Klang produziert und sich gleichzeitig langsam an einem Motor in den Raum hineindreht.

Schatten eines Scheinriesen

Vom einen Ende aus gesehen bekommt die eigene Gestalt im Scheinwerferlicht den monströsen Schatten eines Scheinriesen. Auch in dieser maximalen Distanz zum nächsten Lautsprecher ist alles hörbar. Klar, dass diese philosophischen Selbsterfahrungen nicht mit irgendwelchen, sondern nur mithilfe elektronischer Klänge möglich werden, die mit präzise ausgerichteten Lautsprechern erzeugt werden.

Sie nennen es "Kompostruktion"

Ob es Musik ist? Zumindest eine bewusste Inszenierung von Klang, von Licht in verschiedenen Farbtönen und Bewegung, insgesamt 90 Minuten lang. Jan St Werner und Eva Huttenlauch sprechen hier von Kompostruktion – ein Wort, in dem Komposition, aber auch Dekomposition stecken und auch Kompost.

Egal wo man steht, überall erlebt man den Klang anders, filtert ihn das eigene Ohr auf individuelle unvergleichbare Weise. Ohne dass "Mouse on Mars" genau im Griff hätten, was jedes Ohr da genau hört. Ist das noch Kunst, wenn man den Raum mitsingen lässt?

Die Ausstellung ist bis zum 18. September im Kunstbau des Lenbachhauses in München zu sehen.

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