Jetzt ist es passiert! 30 Jahre nachdem A-ha mit "Take on Me" die Bühne und die Herzen von Millionen Fans eroberten - und von mir nur als Tennie-Phänomen der 1985er-Jahre zur Kenntnis genommen wurden - habe ich mich hingegeben: 256 Seiten, "My take on me", Morten Hartek pur. Naja fast, immerhin hatte er Hilfe eines Co-Autors. Was für ein Erlebnis!

Der schöne Morten erzählt hier seine Lebensgeschichte in einer Art "losen Sammlung von Erinnerungen". Und so tanzt man mit ihm über die Schmetterlingswiese seiner Kindheit, wo er im zarten Alter von zwei Jahren die "überwältigende Kraft der Natur" erspürte, die in ihm den Entdecker weckte und ihm seine Liebe zu Schmetterlingen und Orchideen offenbarte. Man lernt seine hochmusikalische und megasympathische Familie kennen, sein Vater ist Arzt, klar. Man fühlt sich in seine schwere Schulzeit ein, als er Opfer mieser Mobbingattacken war, erfährt wie er Genesis, David Bowie, die britische Rockband Uriah Heep für sich entdeckte - und Jimi Hendrix! Dessen Platte "Hey Joe" klaut er aus der Schule: "Es war einfach eine innere Notwendigkeit – wir gehörten zusammen. Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen!"
Später ist man mit dabei, wenn er während seiner Militärzeit als Nichtraucher den Kampf gegen die Raucher verliert und seine Wehrpflicht allein in einer Blockhütte absitzen muss. Und wenn er seine erste Ehefrau Camilla kennen lernt - am Flughafen. So ungefähr jedenfalls.

Denn eigentlich geht es ab Seite 56 im Grunde nur noch um den Weg zum Ruhm. Richtig steinig aber war der ehrlich gesagt nicht. Nach zögerlichen Anfängen in kleinen Klubs lernt er schon früh seine späteren Bandmitglieder Paul und Magne kennen. Nach drei Jahren im wilden London der 80er-Jahre, geprägt von abgerockten Bruchbuden und krassen Partys, kommt dann der Durchbruch - und mit ihm kommen die Fans, diese Masse an Menschen, in die man wie in ein Schaumband eintauchen kann, die aber schnell auch laut, wild und gefährlich werden kann!

Soweit die Zusammenfassung dieser 256-seitigen losen Erinnerungen, die einen Journalistenkollegen zu der Aussage bewegten: "Das Buch zeichnet den 56-jährigen Sänger so, wie er öffentlich seit gut 33 Jahren wahrgenommen wird: weich, höflich, respektvoll gegenüber den Menschen und ihrer Umgebung. Klingt toll, doch jetzt ich: Schon ab Seite drei wurde ich nervös, ab Seite zehn war ich genervt und danach nur noch schlecht gelaunt, denn eigentlich sagt dieses Buch: Nichts! Es ist eine weich gespülte Erinnerungssoße, die niemand braucht - außer den Hartcorefans.
Wird hier doch nur das altbekannte Bild des A-ha-Frontmanns gepflegt: diesem feinfühligen, schönen, über allem schwebenden Musiker, der einem zartfühlenden Pflänzchen gleich sein Leben als Star bestaunt und unter der Publicity leidet. Wie langweilig! Megalangweilig! Todlangweilig!

Da tröstet einen fast schon, dass Morten Harket einen Faible für Schokoladentorte hat und Hundescheiße faszinierend findet. Endlich: Der Mann hat Ecken und Kanten. Doch das geht in diesem prätentiös bewegend gehaltenen Text unter, man ertrinkt förmlich in Weichspüler. Leider. Auch Musikmitschnitte auf youtube helfen da nicht.

Kurz: Wer schon 1985 kein Fan war, der wird es auch durch "My Take on Me" nicht. Zumal die Band gerade ihre Auflösung verkündet hat. Das passt. War bestimmt schwierig. Ich jedenfalls muss mich jetzt bewegen gehen, den Lesefrust weg atmet oder so… Danke Morten!