Mögliches Ende einer Supermacht

Auch in Zeiten von Kriegen und Finanzkrisen wird die Welt nicht untergehen - das ist eine der beruhigenden Botschaften in Fareed Zakarias Buch "Der Aufstieg der Anderen". Allerdings werden sich die globalen Machtverhältnisse aufgrund des Aufstiegs von China und Indien verschieben, meint der in Bombay geborene amerikanische Journalist.
Das katastrophale Erbe der Bush-Ära, zwei nur schwer zu beendende Kriege und die größte Finanzkrise seit Jahrzehnten - kein Zweifel, der Koloss wankt. Noch hält zwar Amerika seine globale Vormachtsstellung als wirtschaftliche, militärische und ideologische Supermacht, die die Weltordnung wesentlich bestimmt. Aber so selbstverständlich wie noch vor zehn Jahren ist das längst nicht mehr.

Dass andere, nicht mehr westlich dominierte Weltordnungen denkbar werden und dass wir uns darauf vorbereiten sollten, hat aber nicht nur mit den hauseigenen Krisen Amerikas zu tun, sondern auch mit dem rapiden Aufstieg anderer Mächte in den letzten Jahren, allen voran China und Indien. Diese Sicht zumindest vertritt Fareed Zakaria in seinem neuen Buch "Der Aufstieg der Anderen". Dabei geht es ihm weder darum, das "postamerikanische Zeitalter" triumphal im Sinne des Antiamerikanismus als Überwindung eines unbeliebten Hegemons zu zelebrieren, noch auch umgekehrt im Sinne konservativer Panikmache vor dem Verlust westlicher Werte zu warnen.

Sein Buch ist vielmehr in einem durchwegs gemäßigten Tonfall gehalten und scheint eher auf so etwas wie Beschwichtigung und Beruhigung aus zu sein. Aus einer amerikanischen Perspektive und für ein amerikanisches Publikum geschrieben (nichtsdestotrotz aber auch hierzulande durchaus mit Interesse genießbar), scheint es ihm genau darum zu gehen, die Ängste vor der sich abzeichnenden nicht mehr rein amerikanisch dominierten Zukunft einzudämmen.

Zu diesem Zweck geht Zakaria einerseits ausführlich auf die bisherige und zukünftig zu erwartende Entwicklung der beiden großen wirtschaftlichen Herausforderer China und Indien ein, von denen keiner seiner Analyse nach wirklich Interesse hat, Amerika vollständig zu entthronen. Vor allem aber macht er ausführlich die These plausibel, dass der Einfluss der ursprünglich westlichen Moderne weltweit in jedem Sinn so groß geworden ist, dass hinter diese Weltordnung gar nicht mehr zurückgegangen werden kann. Die Moderne ist Zakaria zufolge längst nicht mehr rein westlich, sondern global. Auch Entwicklungsländer machen sie sich zu eigen - jedes auf seine Art. Damit wird sich der Einfluss des Westens auf die Welt indirekt noch auf lange Zeit halten - auch wenn er diese irgendwann militärisch und ökonomisch nicht mehr beherrschen sollte.

Zakaria ist selbst ein Produkt dieser globalisierten, verwestlichten, modernen Welt. 1964 in Bombay geboren, kam er Anfang der 80er-Jahre nach Amerika, wo er an der Yale University politische Theorie studierte, in Harvard forschte und dann eine journalistische Karriere machte. Mittlerweile ist er beim amerikanischen Magazin "Newsweek" als leitender Redakteur für die internationalen Ausgaben zuständig. Daneben schreibt er Kolumnen, moderiert auf CNN eine Sendung zur Außenpolitik und ist gern gesehener Gast in politischen Talkshows.

Seine gut argumentierte, angenehm zu lesende Analyse dürfte viele beruhigen. Und gerade weil sie keinen Weltuntergang heraufbeschwört, sondern relativ unhysterisch mit empirischen Daten umgeht, ist sie auch um einiges plausibler als vieles, was man zum Kampf der Kulturen zu lesen bekommt. Die Machtverhältnisse werden sich verschieben, die Welt wird nicht untergehen. Eine realistische Prognose.

Besprochen von Catherine Newmark

Fareed Zakaria: Der Aufstieg der Anderen. Das postamerikanische Zeitalter
Siedler Verlag, München 2009
304 Seiten, 22,95 Euro
Fareed Zakaria: "Der Aufstieg der anderen" (Coverausschnitt)
Fareed Zakaria: "Der Aufstieg der anderen" (Coverausschnitt)© Siedler Verlag
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