Modesammlerin Monika Gottlieb

"Mode ist ein Einstieg, Kultur schneller zu verstehen"

Von Claudia Cosmo · 07.08.2019
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Die Mode wurde Monika Gottlieb in die Wiege gelegt - ihre Eltern hatten ein Parfüm- und Accessoire-Geschäft auf der Düsseldorfer Kö. Heute besitzt Gottlieb 2500 Sammlerstücke und wünscht sie sich mehr Anerkennung für den kulturellen Wert von Mode.
"Das ist das Collier, um das ich wirklich gekämpft habe, 25 Jahre in Museen nur hinter Glas gesehen habe. Wie Coco Chanel sich das hat machen lassen, da war sie nicht mehr finanziell so stark. Und sie hat sich das als Modeschmuck machen lassen in den End-1950er Jahren. Wir haben jetzt auch hier am Ständer von Cardin ein Teil, das ist ein Mantelkleid. Oder hier ein Jumpsuit ganz aus Pailletten von Jean-Louis Scherrer, Haute Couture, der sieht ja so aus, als ob er gerade gemacht worden wäre. Er ist 25 Jahre alt", sagt Modesammlerin Monika Gottlieb.
Gottlieb lebt ihre Leidenschaft und Begeisterung für Mode. Ihre Wohnung gleicht einer Wunderkammer, in der sie Accessoires und Kleidungsstücke gleichberechtigt neben altmeisterlichen Gemälden, Büchern und Möbeln aufbewahrt.

Lieblingsfarbe Grün

Die Lieblingsfarbe der Sammlerin ist Grün, doch sie empfängt mich in einen blauen Kleid. Ohrringe und Schuhe sind darauf abgestimmt. Monika Gottlieb strahlt dabei Understatement aus. Mode sei eine Haltung, nach innen und nach außen, sagt die Besitzerin von rund 2500 Sammlerstücken.
"Ich habe es nicht als Sammeln bis 2013 empfunden. Und Frau Dr. Schäpers vom Dorotheum, sie ist so die Geburtshelferin, sie sagte: 'Ja, dann machen wird doch mal eine Ausstellung.' Ich sage: Ausstellung? 'Ja, Mode der Zeit und drum herum.' Es kamen mehrere hundert Leute. Sie waren alle begeistert. Ich werde immer gefragt: Worauf muss ich achten, wenn ich sammel? Ich sage: Fangen Sie nicht mit dem Wort Sammeln an, fangen Sie einfach damit an: Was gefällt mir, was möchte ich anziehen. Und dazu stehen!"

Aufgewachsen im Mode-Paradies

Monika Gottlieb hat die Liebe zur Mode und zu den schönen Dingen in die Wiege gelegt bekommen. Ihre Eltern eröffneten 1926 auf der Düsseldorfer Kö ein Parfüm- und Accessoire-Geschäft, das für die kleine Monika zum reinsten Paradies wurde. 1946 geboren, spielte sie als Kind mit Parfümfläschchen oder Knöpfen. Sie wuchs praktisch im Geschäft ihrer Eltern auf.
So lernte sie viele Modeschöpfer persönlich kennen und stieg in den elterlichen Betrieb ein. Mittlerweile weiß Monika Gottlieb alles über Mode.
"Sehr früh wurde ich von meiner Mutter mitgenommen nach Paris. Dior. Wie sollte das einem Kind ein Begriff sein? Aber der Herr, der dort war, hatte einen weißen Kittel an, lächelte und gab mir aus seiner Kitteltasche ein Schokolädchen. Ein Herr Dior, der war eben da. Man konnte mit ihm sprechen."

Sammelschwerpunkt von 1950-1979

Monika Gottlieb spricht neben Französisch und Japanisch noch weitere vier Sprachen fließend, was ihr auch in der Modewelt ganz besondere Einblicke gewährte. Ihr Sammlungsschwerpunkt liegt auf den 1950ern bis 1970er Jahren. Sie sei in diese Epoche hinein geboren worden.
"Und das hat mir auch eine Sicherheit gegeben, eine Treffsicherheit zu sehen, was sind so die Stücke, die für die Zeit und für die Epoche stehen. Ich fange mal an mit den Taschen. Die 1950er Jahre. Schwarz und Braun war die Farbe. Und dann kam - sie war auch schon in unserem Geschäft vertreten - mit dem Velour aus Italien: Roberta di Camerino! Sie war eine Trendmacherin. Dior mit seinem New Look und der A-Linie. Dann Hubert de Givenchy für sein Neckholder-Kleid. Das sind so Trendsetter gewesen für eine bestimmte Mode."

Bewahrerin der Modegeschichte

Mit ihrer Sammlung sieht sich Monika Gottlieb auch als Bewahrerin und Vermittlerin von Modegeschichte, die für sie eine große kulturelle Bedeutung hat. Zu jedem Kleid, zu jedem Accessoire, zu jeder Modezeichnung aus ihrer Sammlung kann sie eine Geschichte erzählen, die auf die Kulturgeschichte verweist. Besonders in Deutschland ein noch ungehobener Schatz. Es herrsche, so Monika Gottlieb, noch wenig Bewusstsein darüber, welche Relevanz Mode für die kulturelle Entwicklung einer Gesellschaft habe.

Mehr Wertschätzung wäre schön

"Es ist noch vollkommen unterbelichtet. Wie kann man so etwas sammeln? Das höre ich täglich. Das erschrickt mich immer. Und es gibt einen Sammler in Hamburg. Und er sagt immer: Wir sind die so genannte Trallala-Bewegung. Also nicht Wert schätzen, trallala."
Für die Zukunft wünscht sich die Sammlerin, dass sich Institutionen mehr mit dem Thema beschäftigen. Mittlerweile werden Modeobjekte auch in deutschen Museen gezeigt. Doch dieser Bereich ist für Monika Gottlieb besonders in Deutschland noch ausbaufähig:
"Mode ist auch für die Museen ein Einstieg, Kultur schneller zu verstehen. Es ist kein oberflächliches Thema!"
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