Mit Hightech die Bewegung einfangen
Durch das Motion-Capture-Verfahren lernte James Camerons "Avatar" das Laufen - doch die Technik kann noch viel mehr: Ein Dresdener Informatiker tüftelt damit an Spezialkleidung für Leistungssportler.
Im Film "Avatar" schwingen sich blau-grüne Fantasie-Figuren durch die Lüfte. Vor ein paar Jahrzehnten hätte man die Schauspieler dafür noch stark schminken, ihnen schwere Kostüme anlegen müssen. Heute geht das anders: mit Motion Capture. Wer sich die Videos der Dreharbeiten angesehen hat, weiß, dass Regisseur James Cameron seine Avatare durch eine große Fabrikhalle gejagt hat. Dabei mussten sie Helm-Kameras und taucheranzugähnliche Kleidung tragen; mit zahlreichen Detektor-Punkten, sogenannten Markern.
"Wenn’s der Kinobesucher nicht merkt, dann ist es das Beste..."
...sagt Markus Wacker, Professor für Medieninformatik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden. In seiner Motion-Capture-Anlage hätte er einen Film wie "Avatar" nicht drehen können. Dazu reichen die Räumlichkeiten nicht aus, und die Technik muss sich auch noch ein Stück weiterentwickeln. Aber: Bei ihm hätten die Schauspieler sich nicht in unbequeme Anzüge quetschen müssen. Denn seine Motion-Capture-Anlage funktioniert ganz ohne Marker. In einem hell ausgeleuchteten Raum - fünf mal vier mal drei Meter, mit weißem stark reflektierendem Stoff ausgekleidet - steht eine Versuchsperson; in Alltagskleidung. Sie wird gefilmt von 14 Kameras. Jede einzelne schießt 120 Bilder pro Sekunde.
"Man bekommt dann also 14 Filme, die werden dann alle in einen Rechner gespeist. Dann werden diese Videofilme analysiert, und aus diesen 14 Blickpunkten wird ein dreidimensionales Modell des Akteurs da drin erstellt und dann zusätzlich noch auf die Knochen gerechnet. Das heißt also, man kann also die Knochenlängen und die Knochenbewegungen bestimmen, und die kann man dann weiter benutzen zur Analyse und Weiterverarbeitung."
Knochen, Knochenlängen, Muskeln - die interessieren Markus Wacker. Vor allem, wenn es die von Sportlern sind. Für sie entwickelt er spezielle Kleidung - gemeinsam mit Sybille Krzywinski von der Forschungsgruppe "Konfektionstechnik" der TU Dresden.
"Das Ziel ist, Kompressionsbekleidung herzustellen, die den Sportler in seiner Leistungsfähigkeit unterstützen soll beziehungsweise die Ermüdung minimieren soll. Wo der Druck erzeugt werden soll, ist auch sportartspezifisch. Also zum Beispiel am Oberschenkel für die Sprinter. Oder hier hinten am Pomuskel oder Oberarmmuskulatur..."
Um herauszubekommen, an welchen Stellen die Sportler mehr oder minder dehnbare Kleidung brauchen, filmt Markus Wacker ihre Bewegungen in der Motion-Capture-Anlage. Spezielle Detektoren-Kleidung müssen sie dabei nicht tragen, aber Anzüge mit aufgedruckten Karos.
"Und ich weiß eben, im unangezogenen Zustand ist es ein Quadrat von zwei Zentimetern, und wenn der Sportler oder der Akteur das anzieht, dann wird sich das verzerren. Aus dem Unterschied kann man dann berechnen, wie sich das auf dem Körper verzerrt hat, auch in Bewegung. Und dann, aus dieser Verzerrung, kann ich dann mit Hilfe von Messungen am Textilinstitut den Druck bestimmen. Das heißt: Wie lang muss ich ziehen, um einen bestimmten Druck zu bekommen."
Die Kleidung, die nach diesen Analysen produziert wird, nutzen momentan vor allem Hochleistungssportler: beispielsweise der US-amerikanische Sprinter Tyson Gay oder der brasilianische Fußball-Profi Kaká. Die Dresdner Forscher sind aber dabei, Daten zu sammeln, mit denen sich auch optimale Freizeit-Sportbekleidung produzieren lässt. Rund 70 Euro wird ein Druck-T-Shirt dann in etwa kosten. Ein vergleichbares Modell hat Markus Wacker schon ausprobiert. Und die Investition - in Forschung und Druck-Kleidung - lohnt sich, sagt er.
"Wenn man läuft, kriegt man durch das Auftreffen auf den Boden, schwingt der Muskel, zappelt so hin und her. Und dadurch kriegt man mehr Muskelkater, hab ich so den Eindruck. Und durch diese Kompression am Körper schwingt der Muskel nicht so mit, schwabbelt nicht so rum, und man hat ne viel größere Körperkontrolle. Und ich hab danach effektiv weniger Muskelkater."
Die Forschung für Sport-Kompressionskleidung steht momentan im Mittelpunkt, es gibt aber noch weitere Anwendungsmöglichkeiten der Motion-Capture-Anlage, beispielsweise die Spiele- und Filmindustrie. Aber Markus Wacker hat auch den Einsatz für medizinische Zwecke im Blick und steht bereits mit einigen Kliniken im Kontakt. Die interessiert die Motion-Capture-Anlage etwa wegen ihrer behinderten oder Schlaganfall-Patienten.
"Die sind sehr begeistert, dass man jetzt mal eine Methode hat, berührungslos zu messen. Weil: Wenn man erst mal ne halbe Stunde lang Punkte an den Körper kleben muss, das machen viele gar nicht mit. Beziehungsweise wenn man irgendwie Behinderte hat, die irgendwie spastisch gelähmt sind, die können so lange gar nicht still halten."
Misst man deren Bewegungsabläufe in der Motion-Capture-Anlage - etwa vor und nach physiotherapeutischer oder medikamentöser Therapie - sind die Daten objektiv und exakt.
Und damit sehr viel genauer als Videoaufnahmen, die aus rein ärztlicher Sicht ausgewertet werden. Motion Capturing - ein Fortschritt auf dem Gebiet der Medieninformatik, sagt Markus Wacker. Aber: Entwicklungspotenzial bleibt. Um noch bessere Ergebnisse zu erzielen, müssten die Kameras rund zehn mal so viele Bilder pro Minute machen wie derzeit, und die entsprechenden Daten-Pakete müssten noch schneller zum Rechner gelangen. Dann allerdings, meint Markus Wacker, wird seine Art des Motion Capturings unentbehrlich werden.
"In zehn Jahren wird sich keiner mehr so richtig an diese markerbasierten Sachen erinnern. Weil eigentlich will man das ohne Punkte am Körper haben."
Spätestens dann werden sich die Schauspieler von "Avatar 2" oder "Avatar 3" bei den Dreharbeiten auch ohne enge Taucheranzüge und Helmkameras frei bewegen können.
Links bei dradio.de:
"Avatar - Aufbruch nach Pandora"
Zeichentrickfilm "Ratatouille" - Das ist wirklich die helle Freude
"Wenn’s der Kinobesucher nicht merkt, dann ist es das Beste..."
...sagt Markus Wacker, Professor für Medieninformatik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden. In seiner Motion-Capture-Anlage hätte er einen Film wie "Avatar" nicht drehen können. Dazu reichen die Räumlichkeiten nicht aus, und die Technik muss sich auch noch ein Stück weiterentwickeln. Aber: Bei ihm hätten die Schauspieler sich nicht in unbequeme Anzüge quetschen müssen. Denn seine Motion-Capture-Anlage funktioniert ganz ohne Marker. In einem hell ausgeleuchteten Raum - fünf mal vier mal drei Meter, mit weißem stark reflektierendem Stoff ausgekleidet - steht eine Versuchsperson; in Alltagskleidung. Sie wird gefilmt von 14 Kameras. Jede einzelne schießt 120 Bilder pro Sekunde.
"Man bekommt dann also 14 Filme, die werden dann alle in einen Rechner gespeist. Dann werden diese Videofilme analysiert, und aus diesen 14 Blickpunkten wird ein dreidimensionales Modell des Akteurs da drin erstellt und dann zusätzlich noch auf die Knochen gerechnet. Das heißt also, man kann also die Knochenlängen und die Knochenbewegungen bestimmen, und die kann man dann weiter benutzen zur Analyse und Weiterverarbeitung."
Knochen, Knochenlängen, Muskeln - die interessieren Markus Wacker. Vor allem, wenn es die von Sportlern sind. Für sie entwickelt er spezielle Kleidung - gemeinsam mit Sybille Krzywinski von der Forschungsgruppe "Konfektionstechnik" der TU Dresden.
"Das Ziel ist, Kompressionsbekleidung herzustellen, die den Sportler in seiner Leistungsfähigkeit unterstützen soll beziehungsweise die Ermüdung minimieren soll. Wo der Druck erzeugt werden soll, ist auch sportartspezifisch. Also zum Beispiel am Oberschenkel für die Sprinter. Oder hier hinten am Pomuskel oder Oberarmmuskulatur..."
Um herauszubekommen, an welchen Stellen die Sportler mehr oder minder dehnbare Kleidung brauchen, filmt Markus Wacker ihre Bewegungen in der Motion-Capture-Anlage. Spezielle Detektoren-Kleidung müssen sie dabei nicht tragen, aber Anzüge mit aufgedruckten Karos.
"Und ich weiß eben, im unangezogenen Zustand ist es ein Quadrat von zwei Zentimetern, und wenn der Sportler oder der Akteur das anzieht, dann wird sich das verzerren. Aus dem Unterschied kann man dann berechnen, wie sich das auf dem Körper verzerrt hat, auch in Bewegung. Und dann, aus dieser Verzerrung, kann ich dann mit Hilfe von Messungen am Textilinstitut den Druck bestimmen. Das heißt: Wie lang muss ich ziehen, um einen bestimmten Druck zu bekommen."
Die Kleidung, die nach diesen Analysen produziert wird, nutzen momentan vor allem Hochleistungssportler: beispielsweise der US-amerikanische Sprinter Tyson Gay oder der brasilianische Fußball-Profi Kaká. Die Dresdner Forscher sind aber dabei, Daten zu sammeln, mit denen sich auch optimale Freizeit-Sportbekleidung produzieren lässt. Rund 70 Euro wird ein Druck-T-Shirt dann in etwa kosten. Ein vergleichbares Modell hat Markus Wacker schon ausprobiert. Und die Investition - in Forschung und Druck-Kleidung - lohnt sich, sagt er.
"Wenn man läuft, kriegt man durch das Auftreffen auf den Boden, schwingt der Muskel, zappelt so hin und her. Und dadurch kriegt man mehr Muskelkater, hab ich so den Eindruck. Und durch diese Kompression am Körper schwingt der Muskel nicht so mit, schwabbelt nicht so rum, und man hat ne viel größere Körperkontrolle. Und ich hab danach effektiv weniger Muskelkater."
Die Forschung für Sport-Kompressionskleidung steht momentan im Mittelpunkt, es gibt aber noch weitere Anwendungsmöglichkeiten der Motion-Capture-Anlage, beispielsweise die Spiele- und Filmindustrie. Aber Markus Wacker hat auch den Einsatz für medizinische Zwecke im Blick und steht bereits mit einigen Kliniken im Kontakt. Die interessiert die Motion-Capture-Anlage etwa wegen ihrer behinderten oder Schlaganfall-Patienten.
"Die sind sehr begeistert, dass man jetzt mal eine Methode hat, berührungslos zu messen. Weil: Wenn man erst mal ne halbe Stunde lang Punkte an den Körper kleben muss, das machen viele gar nicht mit. Beziehungsweise wenn man irgendwie Behinderte hat, die irgendwie spastisch gelähmt sind, die können so lange gar nicht still halten."
Misst man deren Bewegungsabläufe in der Motion-Capture-Anlage - etwa vor und nach physiotherapeutischer oder medikamentöser Therapie - sind die Daten objektiv und exakt.
Und damit sehr viel genauer als Videoaufnahmen, die aus rein ärztlicher Sicht ausgewertet werden. Motion Capturing - ein Fortschritt auf dem Gebiet der Medieninformatik, sagt Markus Wacker. Aber: Entwicklungspotenzial bleibt. Um noch bessere Ergebnisse zu erzielen, müssten die Kameras rund zehn mal so viele Bilder pro Minute machen wie derzeit, und die entsprechenden Daten-Pakete müssten noch schneller zum Rechner gelangen. Dann allerdings, meint Markus Wacker, wird seine Art des Motion Capturings unentbehrlich werden.
"In zehn Jahren wird sich keiner mehr so richtig an diese markerbasierten Sachen erinnern. Weil eigentlich will man das ohne Punkte am Körper haben."
Spätestens dann werden sich die Schauspieler von "Avatar 2" oder "Avatar 3" bei den Dreharbeiten auch ohne enge Taucheranzüge und Helmkameras frei bewegen können.
Links bei dradio.de:
"Avatar - Aufbruch nach Pandora"
Zeichentrickfilm "Ratatouille" - Das ist wirklich die helle Freude