Mit der Röntgenpistole gegen Fälscher

Von Christian Welp · 07.11.2013
Oft sind Kunstfälscher so gut, dass selbst Experten Schwierigkeiten haben, den Betrug nachzuweisen. Deshalb werden immer zuverlässigere Methoden entwickelt, mit denen Gemälde begutachtet werden – zum Beispiel im Labor für zerstörungsfreie Analyse von Kunstwerken der Fachhochschule Köln.
Unter einem hochmodernen Videomikroskop liegt ein Landschaftsbild mit Pferden und Schafen. Ein Düsseldorfer Kunstsammler hat es kürzlich erworben. Er vermutet, dass es sich um ein unbekanntes Werk des niederländischen Malers Karel Dujardin aus dem 17. Jahrhundert handelt. Dann wäre es viele hunderttausend Euro wert. Robert Fuchs startet vom Computer aus die Bilderfassung:

"Das sind die verschiedenen Aufnahmen aus verschiedenen Ebenen, die jetzt aufgenommen werden, und daraus wird jetzt ein dreidimensionales Bild errichtet. Und das kann man jetzt hier dreidimensional auf dem Bildschirm drehen. Das ist im Endeffekt so wie beim Augenarzt, wenn er den Augenhintergrund darstellt. Man kann quasi von hinten draufgucken."

Auf dem Bildschirm kann Professor Fuchs jetzt genau erkennen, wie der Maler die verschiedenen Farbschichten übereinandergesetzt hat. Auch spätere Retuschen sind so sofort zu sehen. Das ist wichtig, damit nicht Pigmente untersucht werden, die gar nicht zum Originalbild gehörten. Fuchs will herausfinden, ob das Ölbild mit Farbtypen gemalt wurde, die erst nach der Zeit entwickelt wurden, aus der das Bild angeblich stammt. Professor Fuchs und seine Mitarbeiterin Doris Oltrogge beraten, welche Bildpassagen genauer untersucht werden sollen:

"Also, was würdest du sagen? Also, am besten natürlich hier im Blaubereich."

"Ja, im Blaubereich und im Weiß natürlich. Das ist ja sehr zeitcharakteristisch. Es gibt so bestimmte Pigmente, von denen man weiß, wann sie erfunden worden sind und wann sie auf den Markt kamen. Für die Moderne ist dann immer Titanweiß interessant, das eben erst seit dem frühen 20. Jahrhundert verwendet wurde. Und bei einem Bild, das vorgibt, ins 19. Jahrhundert zu gehören, ist das natürlich immer sehr charakteristisch."

Zwei Minuten später hat Professor Fuchs eine Pistole in der Hand. Es ist eine Röntgenpistole, und mit der zielt Fuchs jetzt auf ein Schaf, das auf dem Ölgemälde friedlich auf einer Wiese grast. Ursprünglich wurde die Röntgenpistole für die Untersuchung von Metallschrott entwickelt. Jetzt wird sie als neues Wundermittel im Kampf gegen Kunstfälschungen gefeiert.

"Ja, jetzt misst er‘s. Und das misst jetzt in verschiedenen Bereichen, das heißt, das schaltet von einem Messbereich in den anderen um. Diese Zeit muss man abwarten, so dass man letztendlich so etwa 120 Sekunden misst an einer Stelle. Jetzt wird gleich umgeschaltet, das hört man, ja, geht in einen anderen Modus, und so werden leichte und schwere Elemente mit verschiedenen Filtern analysiert."

Nach Abschluss der Röntgenuntersuchung überträgt Professor Fuchs die Ergebnisse auf seinen Laptop. Jetzt analysiert er, welche chemischen Elemente und zeitcharakteristischen Pigmente gefunden wurden. Erst seit wenigen Wochen verfügt das Kölner Institut über die Röntgenpistole, und ihr Einsatz hat sich bereits bewährt:

"Wir konnten jetzt schon eine Fälschung aus dem Bereich der Auktion von Lempertz analysieren: Handelt es sich da um eine italienische Holztafel, die bemalt ist, aus dem 14./15. Jahrhundert, die dann aber doch sich als 19. Jahrhundert herausgestellt hat."

Der Fälscher der Holztafel hatte zu neues Holz und zu neue Farben gebraucht. Ein Fehler, den auch der Maler des mutmaßlichen Dujardin gemacht hat: die Analyse zeigt, dass er für den Himmel einen Blauton verwendet hat, der erst Anfang des 18. Jahrhunderts erfunden wurde. Da war der niederländische Meister Karel Dujardin schon tot.
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