Milena Moser: "Das schöne Leben der Toten"

Leben − jetzt und ohne Angst

11:25 Minuten
Die Schweizer Schriftstellerin Milena Moser vor einer tuerkisen Wand sitzend.
Falsche Ehrfurcht vor den Toten schafft eine unnötige Distanz, meinen die Mexikaner. Daher wird am Día de los Muertos auch respektlos über Tote gesprochen. © Victor-Mario Zaballa
Milena Moser im Gespräch mit Frank Meyer · 11.12.2019
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In ihrem Buch "Das schöne Leben der Toten" schreibt Milena Moser über ihren sterbenden Mann Victor. In dessen mexikanischer Kultur nehme ein Sterbender Freundschaften, Lieder und den Duft der Blumen mit in den Tod, erzählt die Autorin.
Im Mittelpunkt von Milena Mosers Buch "Das schöne Leben der Toten" steht ihr Mann Victor-Mario Zaballa. Er sei schwer erkrankt, sehe seinem Ende aber ohne Furcht entgegen, erzählt Moser.
Von Victor habe sie gelernt, dass die Beziehung zu einem Menschen in der mexikanischen Kultur nicht mit dessen Tod ende, sondern mit dem Vergessen. "So lange sich noch jemand an dich erinnert, bleibt die Verbindung zu den Menschen, die noch leben", beschreibt Moser die Sicht ihres Mannes. In Victors Denken sei im Leben das das Wichtigste, was man nach dem Tod mitnehme - und das seien Freundschaften, Lieder und der Duft der Blumen.

Der Tag der Toten ist ein rauschendes Fest

Der Tod werde in Mexiko nicht tabuisiert, man freue sich auf den "Día de los Muertes", den Tag der Toten, so Moser. Dieser werde in Mexiko mit einem rauschenden Fest gefeiert.
Ihre Kinder kamen eines Tages zu ihr und wollten wissen, wie man einen Altar für die Toten am Día de los Muertes baut. Ursprünglich wollte Moser ihnen eine Anleitung schreiben, doch dann wurde das Projekt immer umfangreicher. Es sei dann daraus ein ganzes Buch über den Umgang mit dem Sterben entstanden, berichtet sie.
Lange Zeit habe sie auch keinen Bezug zum Tod gehabt, sagt Moser. Erst Wolfgang Herrndorfs Buch "Arbeit und Struktur" habe sie stark beeinflusst. Herrndorf litt an einem Hirntumor. Unter dem Druck der Krankheit beendete und veröffentlichte er seine Manuskripte.

Wolfgang Herrndorf als Vorbild

Danach nahm er sich das Leben. In "Arbeit und Struktur" schreibt er, seit er von der Krankheit wisse, lebe er so, wie er immer hätte leben sollen.
Das gleiche Gefühl überkam Moser, als sie sich in Victor verliebte. "Ich lebe jetzt auch so, wie ich immer hätte leben sollen", sagt sie: "Ohne diese ständige Angst, was kommt als nächstes, was denken die Leute über mich, bin ich gut genug. Ich lebe jetzt."
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