Microsoft kauft Activision Blizzard

Was hinter dem 70-Milliarden-Dollar-Deal steckt

07:50 Minuten
Blizzard Entertainment Logo auf einer Spielemesse in China
Activision Blizzard ist ein gewaltiger Zusammenschluss aus Studios, die einige der beliebtesten Spiele überhaupt machen. © picture alliance / Xing Yun / Costfoto
Von Dennis Kogel · 22.01.2022
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Fast 70 Milliarden US-Dollar möchte Microsoft bezahlen, um den Games-Konzern Activision Blizzard aufzukaufen. Im Tech-Sektor gilt dieser Kauf als der größte Deal der Geschichte. Warum will Microsoft so viel Geld für Videospiele ausgeben?
Wenn das ein Hollywood-Deal wäre, Activision Blizzard wäre so etwas wie ein Disney. Also ein gewaltiger Zusammenschluss aus Studios, die einige der beliebtesten Spiele überhaupt machen.
Das Online-Rollenspiel World of Warcraft, die Call of Duty Kriegs-Shooter, aber auch Candy Crush, das vermutlich fast jeder Mensch mit einem Smartphone mal ausprobiert hat, gehören zum Konzern. Und natürlich: fast 10.000 Angestellte, die diese Spiele machen.
Microsoft verfolgt aktuell sehr aggressiv eine ganz bestimmte Zukunftsvision für Videospiele: das Netflix-Modell. In Microsofts Zukunft werden Spiele nicht mehr online oder im Laden gekauft, sondern die Nutzer buchen bei einem Unternehmen ein Games-Abo gegen eine Monatsgebühr. Und mit diesem Abo haben sie Zugriff auf Hunderte oder Tausende Spiele.
Für diese Spiele braucht es nicht mal eine Konsole, sondern die Nutzer können sie dank Streaming-Technologie auf jedem erdenklichen Gerät spielen, also egal, ob PC, Konsole oder Smartphone.
Microsoft bietet so etwas bereits an, der Dienst heißt GamePass. Und je mehr Spiele dort exklusiv erscheinen und nicht auf den Plattformen der Konkurrenz, desto attraktiver ist natürlich das Abo.
Mit einer Art Schock. „Die Branche an sich war … überrascht. Vor allem weil in den letzten Tagen, Wochen, Phil Spencer einen Kommentar abgegeben hat zu den Arbeitsbedingungen bei Activision Blizzard, weil die waren jetzt nicht eben wenig in der Kritik“, sagt Christopher Kassulke, Chef des Studios und Publishers HandyGames.
Und das ist noch eine Untertreibung. Denn: Activision Blizzard ist seit Sommer letzten Jahres in den größten Skandal der Spielebranche überhaupt verwickelt. Der Staat Kalifornien hat Klage erhoben gegen den Konzern.

Größter Skandal in der Spielebranche

Da geht es um die Arbeitsbedingungen, um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und Diskriminierung. Inmitten dieser Skandale steckt auch der Konzernchef von Activision Blizzard, Bobby Kotick. Das „Wall Street Journal“ berichtete letzten November, Kotick habe seit Jahren von den Problemen im Unternehmen gewusst, hätte selbst wenig dagegen getan und wäre Teil des Problems.

Microsoft übernimmt Activison Blizzard – ändert das was am Sexismus in der Branche? Hören Sie dazu das Interview mit Spiele-Journalistin Nora Beyer .

Seitdem fordern zahlreiche Mitarbeiter*innen Koticks Rücktritt, bestreiken das Unternehmen und planen die Gründung einer Gewerkschaft.
Microsoft schien das ernst zu nehmen. Sie haben ja schon immer die Spiele von Activision Blizzard auf den eigenen Plattformen angeboten. Der Chef der Games-Sparte, Phil Spencer, hatte öffentlich gesagt, man würde jetzt die Beziehung zwischen den Unternehmen ernsthaft überdenken wollen.

Kauf ist mit dem Skandal verwoben

Der Kauf ist aber auch ganz klar mit dem Skandal verwoben. Der Aktienpreis von Activision Blizzard befand sich nach den Veröffentlichungen im Sinkflug, die Akquise war also trotz des hohen Preises verhältnismäßig günstig für Microsoft. 
Allerdings ist der Microsoft-Deal noch nicht fix, er muss noch abgesegnet werden von der US-Kartellbehörde, der FTC. Genau da wird aber aktuell an den Regeln geschraubt. Es ist, das glauben Beobachter*innen, unwahrscheinlich, aber es kann sein, dass der Deal deswegen platzt.
Vor Kurzem wurde Zynga aufgekauft, dazu gehören die Farmville-Spiele auf Facebook. Zwölf Milliarden Dollar zahlte dafür der Konzern TakeTwo, denen auch die erfolgreichen GTA-Spiele gehören.
Das Ganze kann man nur als eine Art Konsolidierungswelle bezeichnen, große Unternehmen schlucken Kleinere. Das passiert nicht nur in der Spielebranche, aber dort ist das aktuell sehr sichtbar. Auch HandyGames-Chef Christopher Kassulke ist Teil dieser Welle. Sein Studio wurde 2018 von der Embracer Group gekauft. Er ist sich sicher, „die Konsolidierung wird dieses Jahr gewaltig zunehmen.”

Viel Geld in der Games-Branche

In der Games-Branche steckt viel Geld, sie wächst, gerade die Pandemiejahre waren besonders stark. Aber es geht auch um große Ambitionen der Konzerne, etwas ganz Neues, Revolutionäres zu entwickeln.
Felix Falk, Leiter des deutschen Branchenverbands game, sagt: „Das ganz große Spiel, wo man Games als Technologie sieht, wo man über Cloud Services wirklich auch über Technologien redet, die ganz weit vorne sind, und wo es darum geht: Wer ist überhaupt in der Lage da von der Kompetenz und Ressourcen, da ein Angebot zu machen, was einen weltweiten Erfolg und Wachstum ermöglicht, da muss man wirklich die große Geldschatulle auspacken.”
Denn, und das ist auch ein Faktor, warum Microsoft ein Activision Blizzard kaufen möchte: Spiele-Entwickler mit großem Tech-Know-how, davon gibt es nicht so viele und die Konkurrenz um diese Firmen ist dementsprechend hoch.
Dass es darum ginge, ein Metaverse zu bauen, also den Nachfolger des Internets, eine 3D-Welt, durch die wir reisen können, liest man in Interviews mit den Chefs von Microsoft und Activision Blizzard und in Medienberichten.
Viele halten das jedoch für Unsinn. Laut den Expert*innen sind das vor allem Botschaften an Investoren an der Börse. Das Metaverse ist ein absolutes Hype-Thema. Facebook hat sich deswegen sogar in “Meta” umbenannt und das zum Ziel erklärt.
Microsoft zeigt damit: Wir haben nicht einfach nur eine Spielefirma gekauft, sondern wir sind Teil der Zukunft, genau wie Meta. Aber: Nichts, woran Activision Blizzard gearbeitet hat, suggeriert Expertise oder Bemühungen, so einen Internet-Nachfolger zu entwickeln.

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