Merkels Oster-Tohuwabohu

Fehler einzugestehen, reicht nicht

08:59 Minuten
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprechen vor der wöchentlichen Kabinettssitzung miteinander, während Bundeskanzlerin Angela Merkel an ihnen vorbeigeht.
Jens Spahn, Angela Merkel und Horst Seehofer müssen bei der wöchentlichen Kabinettssitzung schwere Entscheidungen treffen © picture alliance / dpa/ AFP-Pool / Tobias Schwarz
Martin Hartmann im Gespräch mit Vladimir Balzer  · 24.03.2021
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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für eine zu hastig entschiedene Coronamaßnahme entschuldigt. Der Umgang damit zeige, das Deutschland dringend eine Fehlerkultur in der Politik brauche, sagt Philosoph Martin Hartmann.
Erst will Bundeskanzlerin Angela Merkel ein stilles Ostern, dann kippt sie die umstrittene Regelung am Mittwoch überraschend wieder. Und sie entschuldigt sich sogar bei den Bürgerinnen und Bürgern. Merkel übernahm für die Kehrtwende die volle Verantwortung. 
Der Philosoph Martin Hartmann sieht darin ein großes Zugeständnis von Merkel: "Wenn Vertrauen wiederhergestellt werden soll, gerade im politischen Bereich, brauchen wir eine Fehlerkultur, die auch akzeptiert werden muss. Aber wenn mal jemand sagt, das ist schiefgelaufen und das auch offen zugibt, dann liegt es auch ein bisschen an uns, das dann auch zu verzeihen."

Zeit, sich zu sammeln

Es sei bemerkenswert, dass nun zum ersten Mal eine Grenze aufgezeigt wurde. Die Politik sehe jetzt vielleicht ein, "dass man überhastet reagiert habe und dass man vielleicht zu stark unter dem Druck der Öffentlichkeit agiert hat."
Jetzt sei es aber auch Zeit, aus Fehlern zu lernen, und dass sich die Politik ein wenig zurücknimmt, in größerem Kreis zusammensetzt, um sich zu informieren, was jetzt zu tun sei.
"Wenn man das macht, dann würde ich glauben, dass man vielleicht wieder Vertrauen aufbaut", sagt Hartmann. Das sei nur durch Verlässlichkeit und eine offene Kommunikation möglich.

Schlechte Kommunikation

Viele Menschen haben laut Hartmann das Vertrauen in einzelne Politikerinnen und Politiker verloren, entweder durch Korruptionsskandale oder die Inkompetenz vor allem in der Corona-Krise. "Das tatsächlich gelebte politische Leben" zeige sich vor allem in diesen Momenten. Da sei es an den Menschen in Deutschland, ihre gewählten Abgeordneten zu kontrollieren und zu kritisieren.
Ein weiteres Problem sei die schlechte Kommunikation. Viele Entscheidungen hätten wahrscheinlich gute Gründe, aber würden beim Volk nicht richtig ankommen. "So entsteht der Eindruck eines bürokratischen Apparats, der auch noch scheitert", sagt Hartmann.
"Aber vielleicht, wenn er uns das besser erklärt, wenn wir das besser verstehen, dann ist man auch bereit, darauf zu reagieren und weniger Druck auf Politiker auszuüben". Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung könne sich wieder positiv verändern.
"Wir sind durchaus bereit, das Vertrauen zu leben, wenn man es einigermaßen deutlich und verlässlich macht."
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