Mercedes Rosende: "Der Ursula-Effekt"

Unsichtbar in der Macho-Gesellschaft

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Buchcover zu "Der Ursula-Effekt"
"Der Ursula-Effekt" ist ungemein klug konstruiert und nebenbei erfährt man einiges über Uruguay, meint unsere Kritikerin. © Unionsverlag
Von Sonja Hartl · 27.08.2021
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Nach dem Raubüberfall zum nächsten Weight-Watchers-Treffen: "Der Ursula-Effekt" ist der dritte Krimi in Mercedes Rosendes clever gemachter Reihe um eine hinreißend abgebrühte Verbrecherin aus Uruguay.
Ursula López hat mit einem Raubüberfall auf einen Geldtransporter eine gewaltige Menge Geld erbeutet. Dann hat sie sich an der Seite ihres unfreiwilligen Komplizen Germán aus dem Staub gemacht. Sie weiß, dass es gefährlich ist, Gangster zu bestehlen, aber sie hat einen gewissen Vorsprung: Der gerissene Anwalt Antinucci, der hinter dem Überfall steckt, weiß nicht, wer Ursula ist.
Also wird sich Germán verstecken und Ursula in ihr alltägliches Leben zurückkehren, das sie abgesehen von den wöchentlichen Weight-Watchers-Treffen weitgehend allein verbringt. Einzig zu ihrer Schwester Luz hat sie Kontakt. Und genau das entpuppt sich als unerwartete Komplikation: Luz hat eine Privatdektivin auf Ursula angesetzt, weil sie glaubt, sie habe etwas mit dem Tod ihrer Tante und ihres Vaters zu tun.
Mercedes Rosendes cleverer und wendungsreicher Kriminalroman "Der Ursula-Effekt" ist der dritte Teil ihrer Reihe über die leicht übergewichtige Ursula, die sich selbst nicht sonderlich mag, aber in verbrecherischen Lebenslagen äußerst kompetent ist.

Es geht auch um Uruguays Geschichte

Sie ist eine hinreißende und unwiderstehliche, vor allem aber unwahrscheinliche Heldin, deren größter Trumpf ist, dass sie in der Macho-Gesellschaft Uruguays als dickliche 48-Jährige schlichtweg kaum wahrgenommen wird. Sie schüttelt das nicht einfach ab, sondern hat den Selbsthass internalisiert – und in Krisensituationen erweist sie sich als zäh, clever und abgebrüht. Und während in Uruguay mal wieder Präsidentschaftswahlen anstehen, liefert sie sich einen weiteren fulminanten Schlagabtausch mit korrupten, einflussreichen Männern.
Cover: "Der Ursula-Effekt" von Mercedes Rosende
Ein hohes Erzähltempo legt Mercedes Rosende in "Der Ursula-Effekt" hin.© Unionsverlag / Deutschlandradio
Wie seine Vorgänger ist auch "Der Ursula-Effekt" ungemein klug konstruiert. Das Erzähltempo ist hoch, und Rosende jongliert mühelos mit Zeitebenen, Perspektiven und Erzählstimmen. Ganz nebenbei erfährt man noch so manches über die Geschichte Uruguays – vor allem von einem spektakulären Gefängnisausbruch aus dem Jahr 1971. "Der Ursula-Effekt" lässt sich lesen, ohne die Vorgänger zu kennen. Aber im Zusammenspiel ist der Spaß noch ein bisschen größer.

Mercedes Rosende: "Der Ursula-Effekt"
Aus dem Spanischen von Peter Kultzen
Unionsverlag, Zürich 2021
288 Seiten, 18 Euro

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