Meister der melancholischen Charaktere

Von Waltraud Tschirner · 26.01.2012
In der Nacht zum Dienstag ist der Schauspieler, Autor, Produzent und Regisseur Vadim Glowna nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. Eine Würdigung.
Glowna: "Ich bin ja nicht nur von meinen Eltern aufgezogen worden, sondern auch von der Straße."

Was eigentlich mehr der Not geschuldet war: Die Mutter arbeitete bis abends, der Vater fuhr zur See - also war er ein Straßenkind. Das sollte sich als großes Plus erweisen. Denn wie sonst hätte Vadim Glowna so herausragend die Außenseiter spielen können, die gebrochenen, melancholischen Charaktere. Und noch etwas anderes brachte dieses frühe Auf-sich-allein-gestellt-sein:

"Das war irgendwie vielleicht auch leichtsinnig oder naiv - aber Angst hatte ich nie."

Also stellte er sich - manchmal beinahe tollkühn - immer neuen Herausforderungen. Er lernte andere Sprachen, erschloss sich immer neue Facetten seines Berufes, wurde Autor, Regisseur , Produzent und hatte auch vor großen Namen zwar Respekt - aber eben keine Angst. So schlug er dem großen Sam Packinpah beim Dreh zu "Steiner - das Eiserne Kreuz" vor, das Drehbuch zu ändern - und er änderte es schließlich auch, nach anfänglichen Wutausbrüchen. Vadim Glowna hatte nämlich früh erkannt:

"Wenn man in diesem Beruf was will, dann muss man eine gewisse Hartnäckigkeit und Sturheit haben. Sonst gelingt nichts."

Angefangen hatte sein Schauspielerdasein über Umwege: Ursprünglich hatte er nämlich bei Marcel Marceau seine pantomimischen Fähigkeiten getestet.

"Dass ich dann Schauspieler wurde, das entstand durch ein Buch, das ich im Strandsand fand: 'Nouvelles réflexions sur le théâtre" par Jean-Louis Barrault. Das hab ich gelesen und da steht gleich auf der ersten Seite 'Am Anfang war das Wort'. Und da dachte ich 'Scheiße, genau das isses'. Nix Pantomime, Theater muss es sein."

Er studierte also Schauspiel und wurde schnell von Gustav Gründgens entdeckt. Im Laufe seiner Berufsjahre hat er über 180 Filme gedreht - Kinofilme, aber auch viele Fernsehproduktionen aller Couleur waren dabei. Und er stand auf Theaterbühnen.

Vadim Glowna war ein wunderbarer Geschichtenerzähler - das konnte man spätestens in seiner gleichnamigen Autobiografie vor einigen Jahren erfahren. Er hätte gern neue Geschichten hinzugefügt . Und wohl dafür auch gern weitere Umwege dafür in Kauf genommen:

"Manchmal geht es nicht den kurzen geraden Weg, dann muss man halt Umwege gehen, aber das Ziel immer im Auge behalten."


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