Basejumper Max Werndl

„Meine Gefühllosigkeit hat meine Sucht enttarnt“

39:09 Minuten
Der Basejumper Maximilian Werndl beim Flug in einem drachenartigen Anzug (Wingsuit) vor einem Bergpanorama im Gegenlicht.
Auf der Suche nach dem Kick: Nach seiner Karriere im Rennsport beginnt der Unternehmer Max Werndl mit dem Fallschirmspringen. © BEECH Studios
Max Werndl im Gespräch mit Utz Dräger |
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1500 Sprünge aus Flugzeugen und von Bergklippen hat Max Werndl absolviert. Das Fliegen berauscht ihn. Er sieht viele Freunde bei diesem Sport sterben und macht weiter. Als er bemerkt, dass er gefühllos wird, zieht er die Reißleine und steigt aus.
Nachdem Unternehmer Maximilian Werndl seine Karriere im Rennsport beendet sieht, gelangt er eher zufällig zum Fallschirmspringen. Der Rausch des Fliegens lässt ihn fortan nicht mehr los.
Aber der Kick beim Fallschirmspringen bleibt zunehmend aus. „Es kann durchaus langweilig werden, aus einem Flugzeug zu springen.“ Auf der Suche nach neuen Herausforderungen gelangt er zum Basejumping, dem Springen von Gebäuden, Antennen, Brücken und Felsen.

Mut haben, Nein zu sagen

Max ist fasziniert vom Wingsuit-Base, bei dem mittels eines Fluganzuges eine horizontale Flugrichtung erreicht werden kann und der Flieger auch Einfluss auf die Flugrichtung hat. Entgegen vielen Warnungen und auch gegen den Willen seiner Familie und seiner Freundin betreibt Werndl Basejumping intensiv.
Der Basejumper Maximilian Werndl beim Flug in einem drachenartigen Anzug (Wingsuit) vor einem Bergpanorama.
“Ich bin da nicht hingegangen, um zu sterben, aber ich hab natürlich gewusst, dass es gefährlich ist”, so Max Werndl.© BEECH Studios
Auch Wingsuit-Base-Jumper haben einen Fallschirm, der in einem komplizierten Prozess gepackt werden muss. Das erfordert äußerste Sorgfalt: “Den packe ich in Bügelfalten”, erklärt Werndl.
Neben der Abenteuerlust, die einem durchaus auch gefährlich werden könne, sei es seiner Einschätzung nach überlebenswichtig, den Mut zum Neinsagen zu haben, wenn die Bedingungen trotz eines lange vorbereiteten und ersehnten Sprungs dann doch nicht stimmten.
Gerade diese Einsichtsfähigkeit und auch die Frustrationstoleranz seien etwas, das nicht jedem gegeben sei. “Es erfordert Schneid, zu sagen: ‚Ich springe heute nicht'.”

Nach außen etwas ganz Besonders sein

Das Springen entwickelt für Werndl einen Sog, gegen den sein alltägliches Leben zunehmend blass ausgesehen habe. Eine latente Unzufriedenheit hätte ihn begleitet: “Wann ist der nächste Sprung, wann kann ich da wieder hoch. Das war für mich das Wichtigste.”
Er definiert sich in dieser Zeit über das Springen. Anderen die Videos von den Sprüngen zu zeigen, nach außen etwas ganz Besonderes darzustellen, habe ihn zusätzlich beflügelt. Selbst als immer wieder Freunde bei Sprüngen sterben, macht Werndl weiter. Bis er bemerkt, dass er nicht trauern kann.
Diese Gefühllosigkeit ist es, die ihn aufmerken lässt und ihm zeigt, dass das Springen für ihn zur Sucht geworden ist. “Meine Gefühllosigkeit hat meine Sucht enttarnt.”
Der Basejumper Maximilian Werndl steht kurz vorm Absprung in einem drachenartigen Anzug (Wingsuit) am Rande eine Klippe.
“Meine toten Freunde haben mir das Leben gerettet”, sagt Max Werndl heute.© BEECH Studios
In intensiver Arbeit mit einem Coach macht er sich auf die Suche nach dem, was ihn wirklich ausmache: “Ich bin nicht meine Uhr, meine Kleidung, mein Name, nicht mein Job, nicht mein Haus und nicht mein Auto.”
Nach einem langen und schmerzhaften Arbeitsprozess begreift er, dass er auch ohne Statussymbole und Extremsport ein liebenswerter Mensch ist. “Sich selbst zu lieben, auch ohne Leistung und ohne Erfolg, das war nicht einfach.“
Heute sagt Max Werndl: “Meine toten Freunde haben mir das Leben gerettet.”
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