Mehr Wissen über kleinste Teilchen

Von Ludger Fittkau |
Nanopartikel - kleinste Metallpartikel und chemische Stoffe - können Menschen und Umwelt schaden. Deshalb forden Fachleute, Verbraucher darüber aufzuklären. Nachdem die rheinland-pfälzische Landesregierung mit einer Initiative für ein nationales Nano-Register am Widerstand der Industrie gescheitert ist, hat der Bundesrat das Thema nun an die EU delegiert.
Anfang Juni bekam die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer einen Beschwerdebrief von BASF-Chef Kurt Bock. Der weltgrößte Chemiekonzern mit Sitz im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen ärgert sich über die grüne Landes-Umweltministerin Ulrike Höfken. Die hatte nämlich die Bundesratsinitiative zur Einführung von Nano-Produktregistern in Deutschland und in der EU auf den Weg gebracht. BASF, einem der großen Verarbeiter von Nano-Materialien hierzulande, gefiel das gar nicht. Doch Ulrike Höfken sieht dringenden Handlungsbedarf:

"Es ist schon eine gewisse Schwierigkeit. Es gibt einen Dialogprozess mit der Wirtschaft mit den Umweltverbänden über viele, viele Jahre inzwischen – über 15 Jahre. Von der Bundesregierung gestaltet unter der großen Koalition besonders, aber auch Dialogprozesse mit der Industrie selber wie der BASF. Auch auf der EU-Ebene gibt es jetzt Nano-Sicherheitsgruppen, 100 Professoren haben ein Buch erarbeitet. Das Problem ist nur die Umsetzung und Realisierung . Wir stehen im Grunde bei einer notwendigen Regulierung immer noch am Anfang."

Doch BASF und der CDU-Opposition im Mainzer Landtag sind zentrale Register für Nano-Partikel in Deutschland und in der EU schon zu viel der Regulierung. Rot-grün rede damit eine hoffnungsfrohe Technologie schlecht, so Christian Baldauf, stellvertretender Vorsitzender der Mainzer CDU-Landtagsfraktion. Baldauf erinnert daran, dass BASF unlängst schon die Forschung an grüner Gentechnik am pfälzischen Standort Limburgerhof bei Ludwigshafen eingestellt habe:

"Aus meiner Sicht sind Reglementierungen der Industrie, die die Industrie dazu bringt, nicht weiter zu forschen und sich zu entwickeln, kontraproduktiv in unserem Land. Das schlimme ist an dieser Landesregierung, das schon über die Debatte zur Gentechnik, die negativ belegt war, die BASF sich entschlossen hat, in Limburgerhof nicht weiter zu forschen. Jetzt wird das nächste Thema aufgemacht von Frau Höfken und Frau Ministerpräsidentin Dreyer lässt es auch zunächst durchlaufen, dass ein Nano-Register eingeführt werden soll, auf Landesebene. Das müsste Hunderttausende oder gar Millionen von Produkten in die Registrierung bringen. Und die BASF und auch die Union beschweren sich zu recht, dass wieder eine zukunftsträchtige Technologie aus Deutschland abwandert. Das können wir uns nicht leisten."

Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken wehrt sich gegen den Vorwurf von BASF und CDU, sie stelle die Nano-Technologie mit der Forderung nach einem branchenübergreifenden Zentralregister für Kleinst-Stoffe unter einen Generalverdacht. Die Verbraucher interessieren sich nicht nur für die Chancen der Nano-Partikel, sondern eben auch für mögliche Gesundheitsrisiken, argumentiert Höfken. Die Kosmetik-Branche habe deshalb schon freiwillig auf das Verbraucherbegehren reagiert:

Höfken: "Hier ist der einzige Bereich, wo wir seit dem 1.1. dieses Jahres sogar eine Produktkennzeichnung haben, sogar für die Verbraucher selbst. Was übrigens gut funktioniert und die Industrie ist auch zufrieden. Aber das reicht ja noch lange nicht. Das sind ja nicht die einzigen Anwendungsfelder. Das sind ganz viele industrielle Arbeitsbereiche, das geht bis in die Lebensmittel hinein. Nur ist es eben so, dass da bislang wenig konkreter Fortschritt zu verzeichnen ist, sondern eher Verzögerungstaktik. Und ich finde, das ist nicht hinzunehmen und dient auch nicht der Technologie, weil dann nur Misstrauen geschürt wird und im Falle von Problemen das Eingreifen erschwert und behindert wird."

Ein nationales Nano-Register wird es nach der Intervention der chemischen Industrie jedoch erst einmal nicht geben. Stattdessen delegiert der Bundesrat das Thema an die EU. Die Industrie müsse aber verpflichtet werden, die nötigen Daten für ein europaweites Nano-Register wirklich zu liefern, so Ulrike Höfken. Deshalb fordert die rheinland-pfälzische Umweltministerin nun die Bundesregierung auf, die entsprechenden Regelungen in der EU durchzusetzen. Vertrauen bei den Verbrauchern zu schaffen, so Höfken, das sei schließlich auch im Interesse der deutschen Industrie.
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