Meeresforschung

Bedrohte Schatzkammer - Die Geheimnisse der Tiefsee

Ein chinesisches Forschungs-U-Boot
China hat seine Anstrengungen bei der Tiefseeforschung in den letzten Jahren verstärkt. © picture alliance / dpa
Moderation: Klaus Pokatzky · 06.09.2014
Sie bedecken zwei Drittel unserer Erde – und doch sind sie nahezu unerforscht: die Weltmeere. Mit bis zu 11.000 Metern Tiefe sind sie eine fremde und geheimnisvolle Welt, mit skurrilen selbstleuchtenden Lebewesen, die sich auf fantastische Art und Weise an die harten Lebensbedingungen angepasst haben, und einem zunehmend begehrten Potenzial an Bodenschätzen.
"Die Tiefsee ist weniger erforscht als der Mars",
sagt Prof. Dr. Antje Boetius. Die Meeresbiologin am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremen hat schon mehr als 40 Expeditionen in diese faszinierende Tiefe unternommen, unter anderem in die Arktis oder das Schwarze Meer.
"95 Prozent des belebten Teiles der Erde ist Tiefsee; das ganze Leben auf der Erde sind Tiefseetiere – und wir wollen wissen, was gibt es dort, wie leben sie, was bedeutet das für die Erde."
Völlig verrückte neue Arten
Tiefseeforschung sei "Forschung am Limit". Wer hier arbeiten wolle, müsse ausgestattet sein wie für eine Reise ins Weltall:
"Eigentlich ist der Teil, wo es wirklich dunkel wird, fast der schönste vom Tauchgang. Weil wenn dann die Piloten das Licht ausmachen vom U-Boot, dann sieht man das Leben um einen herum funkeln, denn die meisten Tiere in der Tiefsee haben Biolumineszenz, Selbstleuchten. Es sieht aus wie ein Feuerwerk! Es gibt so unglaublich viele Lebewesen dort unten, von denen man denkt, das ist Hollywood, Fantasy: Wir haben völlig verrückte neue Spezies gefunden – etwa die Yeti-Krabbe, ein Krustentier, das stark behaart ist. Und den Dumbo – einen Tintenfisch mit 'Segelohren', der jeden zum Lachen bringt, der ihn sieht."
Gerade ist Antje Boetius von einer Arktisreise zurückgekehrt. Dort erforschte sie die Schwarzen Raucher, bis zu 350 Grad heiße unterirdische Schlote und das sie umgebende Leben. Ihr Hauptinteresse gilt dabei den Bakterien:
"Ich finde sie interessant: Sie haben die Erde - die Hälfte der Zeit, die es sie gibt,- allein besiedelt. Wenn wir in solche Lebensräume gehen, wie an die Schwarzen Raucher, können wir Ideen entwickeln: Wie haben die ersten zwei Milliarden Jahre Erdgeschichte ausgesehen?"
Bedrohung durch die Fischerei
Bei aller Faszination weiß die Meeresbiologin aber auch um die Bedrohung der Ozeane:
"Viel schneller als der globale Klimawandel und die Ozeanversauerung wirken regionale Eingriffe wie die Tiefseefischerei und der Ressourcenabbau. Wenn China den Export an Metallen der seltenen Erden weiter drosselt oder Kupfer und Nickel noch viel teurer werden, dann könnte der Abbau auf dem Meeresboden beginnen: Riesige Flächen von Tiefseeschlamm würden wie mit Staubsaugern aufgesaugt. Alles Leben dort wäre weg. Die Suche nach Erdöl und Gas hinterlässt Spuren, selbst in großen Tiefen findet sich eine Menge Müll."
Bedrohte Schatzkammer - Die Geheimnisse der Tiefsee
Darüber spricht Klaus Pokatzky von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr der Tiefseeforscherin Antje Boetius. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen und Fragen stellen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de.

Literaturhinweis:
Antje Boetius, Henning Boetius: "Das dunkle Paradies. Die Entdeckung der Tiefsee". Verlag C. Bertelsmann, 2011

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