Meer

Die Kraft der blauen Wogen

Kleine Welle am Strand
Kleine Welle am Strand © Jan-Martin Altgeld
Moderation: Uwe Golz · 10.08.2014
Etwa 71 Prozent der Erde sind vom Meer bedeckt. Obwohl es uns so nah ist, wissen wir dennoch mehr über den Weltraum als über die Tiefen der Ozeane und dort lebende Flora und Fauna.
"Du freier Mensch, du liebst das Meer voll Kraft,
Dein Spiegel ist's. In seiner Wellen Mauer,
Die hoch sich türmt, wogt deiner Seele Schauer,
In dir und ihm der gleiche Abgrund klafft"
...dichtete der Franzose Charles Baudelaire in seiner Sammlung "Die Blumen des Bösen" und hat damit die Beziehung zwischen Mensch und Meer auf den Punkt gebracht. Die ewig heranrollenden Wellen bringen uns zum Träumen und zum Philosophieren und sie machen uns Angst. Die scheinbare Unendlichkeit der Ozeane zieht uns hinaus – nur um das Heimweh zu schüren und uns an die erträumte Sicherheit von Zuhause zu erinnern. Wolken, Wind und Wogen haben Fantasien beflügelt, aber auch viele Opfer gefordert. Was uns bewegt ist in vielen Liedern zu hören: Die Angst einer Mutter ihre Söhne auf die See zu lassen ebenso, wie die Flaschenpost mit ihrer magischen Botschaft von fernen Ufern.

Die Zwitschermaschine
Wer oder was ist Laberdan? Kein stolzer Paschtunenfürst, kein Bollywood-Star und auch keine exotische Heilsalbe, wie man vielleicht annehmen könnte, sondern eine heute gänzlich unbekannte kulinarische Spezialität.
Manchmal taucht der Begriff auch in Kreuzworträtseln auf oder erscheint in alten Kochbüchern als "geschichteter, auf besondere Weise eingelegter Kabeljau", der häufig als "Armeleute-Essen" gering geschätzt wurde, der aber offenbar im 19. Jahrhundert weit verbreitet war.
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Alte Rezepte zur Verarbeitung von Laberdan© Wilfried Bestehorn
Und der von Felix Mendelssohn Bartholdy in einem Brief an seine Schwester Fanny erwähnt wird, als er sehr selbstkritisch über seine Arbeit an der "Hebriden-Ouvertüre" berichtete:
"...der Mittelsatz im forte D-dur ist sehr dumm, und die ganze sogenannte Durchführung schmeckt mehr nach Contrapunkt, als nach Thran und Möwen und Laberdan..."
Mendelssohns besonderer Ehrgeiz ging also dahin, nicht Kontrapunkt zu "zelebrieren", sondern das Meer in seinen vielfältigen sinnlichen Reizen, seinem Geruch und seinem salzigen Geschmack darzustellen – Thran und Möwen also und besagten Laberdan, dazu das endlose wogende Meer und den grauen Himmel, all das wollte er in die Partitur hineinbekommen.
Und in diesen Bemühungen hat er das Werk immer wieder umgearbeitet, bis er 1833 – also vier Jahre nach seiner Schottland-Reise (und der für ihn eindrucksvollen, inspirierenden Überfahrt zur Hebriden-Insel Staffa) – bis er also die Endfassung fertig hatte, mit der er dann tatsächlich zufrieden war und die den von ihm gewünschten Effekt des "Zusammenklangs" aller Sinne erzeugte. Und die damit seinen speziellen maritimen synästhetischen Intentionen entsprach, die im übrigen musikgeschichtlich Schule machen sollten.
Richard Wagner: "Da ist alles wunderbar geistig geschaut, fein empfunden und mit größter Kunst wiedergegeben..., wie der Wind über die Wellen des Meeres zur Höhe steigt, das ist von außerordentlicher Schönheit."
So schwärmt Richard Wagner über die Hebriden-Ouvertüre. Die späterhin von der Wissenschaft zu einem Schlüsselwerk für die Entwicklung der Sinfonischen Dichtung – als Gattung – erklärt wurde.
Und wenn wir genau hinhören, können wir vielleicht zwischen den Noten dieser Partitur den Laberdan, den geschichteten Salzlake-Kabeljau heraushören (oder besser herausschmecken), der leider (oder vielleicht nicht ohne Grund?) seit hundert Jahren von unseren Speisekarten verschwunden ist.
Hier können Sie die Zwitschermaschine nachhören
Auflösung des ersten Sonntagmorgen-Rätsels
Heute suchten wir den deutschen Dichter Joachim Ringelnatz. Sein Seemann "Kuttel Daddeldu" tauchte zum ersten Mal im Gedicht "Vom Seemann Kuttel Daddeldu" auf und ist Namensgeber des Gedichtbands "Kuttel Daddeldu oder Das schlüpfrige Leid" (1920). Achim Reichel hat dem Seemann als "Kuddel Daddel Du" auf seiner LP "Melancholie und Sturmflut" ein musikalisches Denkmal gesetzt.
Auflösung des zweiten Sonntagmorgen-Rätsels
Gesucht war Freddy Quinn. Der in Wien geborene Schlagersänger wurde in Deutschland zum Symbol für das Fernweh und das Meer. Er war der perfekte Sympathieträger für die, nach dem 2. Weltkrieg, wieder erwachte Reiselust der bundesdeutschen Gesellschaft. Sein Film "Die Gitarre und das Meer" wurde 1959 mit einem Bambi ausgezeichnet und das gleichnamige Titellied stand auch in der Jahreshitparade auf Platz eins.