Medien und Meinungen

ZEIT mit API, taz mit Pay-Wahl und Reporter ohne Grenzen mit Zensurportal

Heute mit Moritz Metz und einer thematischen Orientierung auf neue Netzprojekte von Zeitungen und Journalisten.
Heute mit Moritz Metz und einer thematischen Orientierung auf neue Netzprojekte von Zeitungen und Journalisten.
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Erstens: Die Reporter ohne Grenzen haben ein Portal gebaut für zensierte Inhalte. Am Dienstag startet die Journalistenorganisation ihr neues Portal wefightcensorship.org. Da will man Nachrichten und Geschichten präsentieren, die anderswo zensiert wurden. User können dort selbst Inhalte aus ihren Medien einreichen. Als Beispiele nennen die Reporter ohne Grenzen: «Videos über die tödliche Explosion in einem turkmenischen Waffenlager oder Polizeigewalt in Belarus oder eine verbotene Zeitung in Kuba». Der Upload erfolgt zwar gesichert und anonym, man will aber kein Wikileaks sein, das ja einfach Rohmaterial veröffentlicht - sondern eben bereits geschriebene Texte aus zensierten Medien.
Die sollen auch redaktionell und unabhängig geprüft werden vor Veröffentlichung. Wie Wikileaks setze Wefightcensorship aber auch auf den Streisand-Effekt, der besagt dass je stärker versucht wird, Informationen zu unterdrücken, desto stärker verbreiten sie sich von selbst. Wir konnten schon einen Blick auf das Portal werfen, es sieht gut aus, wenngleich etwas reißerisch gehalten in schwarz/rot. Natürlich fehlen jetzt noch etwas mehr Inhalte - die gibts ab Dienstag. Man sucht auch Freiwillige, die das Portal auf ihren eigenen Servern «spiegeln». Denn die Adresse «wefightcensorship.org» dürfte mancherorts recht schnell zensiert werden.
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Auch auf die Mitarbeit der User setzt die Website der «tageszeitung», taz.de , allerdings ganz anders. Es geht dort ums Bezahlen. Das ist ja eigentlich ein endloses Thema, siehe New York Times, die ihre Onlineleser nach 10 kostenlosen Artikeln eine Schranke vorsetzt und zur Kasse bittet. Aber auch Welt, Bild, FAZ.net und Süddeutsche.de planen Bezahlschranken für ihre Online-Inhalte, sogenannte «Paywalls» eben.
Vorgeprescht ist jetzt die taz mit einer freiwilligen Paywall, deshalb auch die Wortschöpfung «Pay Wahl". Wer Artikel auf taz.de liest, bekommt nach einigen Zeilen einen schwarzen Kasten zu sehen. Der Kasten überdeckt den Rest vom Text und fragt, ob man nicht etwas zahlen möchte für den Text. Es bleibt aber freiwillig - man kann einfach sagen:« Nein, jetzt nicht» oder «JA, ich zahle freiwillig für taz.de». Da gehts los bei 30 Cent bis hin zu regelmäßigen Lastschrift-Modellen. Bei der taz hat man schon Erfahrungen mit Kleinstbeträgen gesammelt über das Portal flattr.
Ich habe mit Nina Schoenian telefoniert -die hat bei der taz den schönen Jobittel «Head of Change»- und gefragt wieviel bisher rumkam: "Insgesamt in einem Jahr haben wir 70.000 Euro eingenommen, nur mit den Kleinstbeträgen. Und wir erhoffen uns eine Verdoppelung des Betrages, auf jeden Fall. Natürlich finanziert Print jetzt noch den Onlineauftritt und jetzt suchen wir nach einem neuen Weg für das digitale Zeitalter." (18s)
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Einen ganz anderen Vorstoß ins digitale Zeitalter unternimmt eine andere deutsche Papierzeitung, die ZEIT. Dort hat man hat gestern eine API freigeschaltet. Eine API ist eine Schnittstelle für Daten. Darüber können Programmierer rohe Daten auslesen und für eigene Websites nutzen. Die Zeit bietet jetzt, man halte sich fest: alle Texte aller gedruckten ZEIT-Ausgaben seit 1946 und alles von Zeit-Online seit 1996.
Die nichtkommerzielle Nutzung ist kostenlos, die Inhalte bleiben aber eh bei der ZEIT. Dort erhofft man sich aber spannende neue Informationen, zum Beispiel durch Daten-Visualisierungen oder Langzeitbeobachtungen. Ein genanntes Beispiel: Wie oft tauchte der Begriff «China» in der Berichterstattung auf. Und in welchem Zusammenhängen? So könne man errechnen wie sich das China-Bild in den letzten 66 Jahren verändert hat.
Bei Twitter wurde dieser Schritt gefeiert, Jens Grochtdreis zollt z.B. Respekt «Andere Zeitungshäuser haben Angst vor dem Internet. Die Zeit stellt eine offene API zur Verfügung.» Nur die Redaktion vom IT-Nachrichtenportal Golem.de schrieb «So was haben wir schon lange.;-)» Auch die Tagesschau hat übrigens eine API, die ist aber bisher öffentlich nicht zugänglich. Da würde man sich wünschen, dass auch der bundesweite Hörfunk seine Inhalte derart etwas anbieten«würde / könnte / dürfte.

Screenshot: taz.de