Medien und Meinungen

Vorratsdatenspeicherung, KI bei Facebook und eine Serienstudie

26.09.2015
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Vorratsdatenspeicherung reloaded Nachdem die Bundesregierung 2010 mit ihren Plänen zur Vorratsdatenspeicherung beim Bundesgerichtshof abgeblitzt ist, startet sie jetzt einen weiteren Versuch.
Vorratsdatenspeicherung reloaded
Nachdem die Bundesregierung 2010 mit ihren Plänen zur Vorratsdatenspeicherung beim Bundesgerichtshof abgeblitzt ist, startet sie jetzt einen weiteren Versuch. Im Frühjahr wurde ja schon ein neuer Gesetzesentwurf vorgestellt. »Möglichst grundrechtsschonend« sollte die neue Regelung werden, das twitterte Justizminister Heiko Maas im April. Am Montag gab es dazu eine Anhörung im Bundestag.
Der neuen Gesetzesentwurf unterscheidet sich technisch in einigen Punkten von der letzten Version. Zum Beispiel werden Telekommunikationsdaten künftig nicht mehr so lang gespeichert: Anstelle von 6 Monaten sollen Anbieter Verbindungsdaten nur noch 10 Wochen lang aufheben, Standortdaten 4 Wochen lang. Behörden hätten also Zugriff auf Informationen darüber, wer wie lange mit wem telefoniert, mailt oder SMS schreibt, und wo sich ein Handynutzer ungefähr aufhält.
Trotz der Änderungen sind einige Juristen skeptisch. Zwar dürfen Behörden nur auf die Daten zugreifen, wenn ein konkreter Verdacht besteht. Der Knackpunkt ist aber, dass die Daten ohne Anlass erhoben werden. Das ist grundgesetzwidrig, sagt Ekkehart Schäfer, Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer:
»Es ist immer wieder derselbe Vorwurf: Es werden Millionen von Bürgern, die durch ihr Verhalten keinerlei Veranlassung zu einem entsprechenden Eingriff geboten haben, unterstellt, dass sie in strafrechtlich relevanter Weise möglicherweise angetroffen werden können. Das ist meiner Ansicht nach nicht akzeptabel. Weil man Zweifel daran haben muss, dass allein ein Verwertungsverbot genügt, um sicherzustellen, dass der unbescholtene Bürger nicht verfolgt wird.«

Als Argument für die Vorratsdatenspeicherung wird ja gern betont, wie wichtig die Daten für die Bekämpfung von Internetkriminalität sind, oder dass sie helfen, terroristische Anschläge zu verhindern. Deswegen hätten BKA und Staatsanwaltschaft auch gerne längere Speicherfristen. Diesen Einwand finden viele Kritiker aber völlig absurd. Schließlich gibt es alle möglichen Lücken in der Überwachung, die Täter ausnutzen könnten. Wenn sie z.B. geliehene Handys verwenden oder ihre IP-Adresse verschleiern, dann helfen Vorratsdaten auch nicht weiter.
Künstliche Intelligenz bei Facebook
Wer noch unsere Daten auf Vorrat speichert ist Facebook. Und aufgrund dieser Daten entscheiden dann Algorithmen, was auf unserer Facebookseite angezeigt bekommen. Letztes Jahr hat sich Mark Zuckerberg sein eigenes AI-Lab, also einen Platz für die Forschung an künstlicher Intelligenz zugelegt. Nach der automatischen Gesichtserkennung für Fotos wagt Facebook jetzt den nächsten Schritt: Programme, die sich automatisch Videos »anschauen« können und erkennen, was darin passiert. Ein Hintergedanke ist, dass viele Online-Videos ohne Metadaten oder beschreibenden Text daherkommen und sich so schlecht filtern lassen. Eine künstliche Intelligenz, die bewegte Bilder klassifiziert, würde z.B. dabei helfen, pornografische Videos automatisch zu erkennen und auszusieben. Videoanalyse ist eine ziemlich komplexe Aufgabe für künstliche Intelligenzen. Facebooks Prototyp kann immerhin schon unterscheiden, ob in einem Video Basketball oder Pingpong gespielt wird.
Netflixstudie
Netflix gibt sich alle Mühe, uns möglichst schnell nach seinen Serien süchtig zu machen. Nun hat die Online-Videothek 25 Fernsehserien analysiert, um herauszufinden, ab welcher Folge aus geneigten Zuschauern willenlose Serienjunkies wurden. Mit dabei waren unter anderem »Breaking Bad«, «How I Met Your Mother« und «House of Cards». Das Ergebnis hebelt eine Binsenweisheit des Seriengeschäfts aus: Die Sucht stellte sich nämlich bei keiner der untersuchten Shows schon bei der Pilotfolge ein sondern frühestens ab der zweiten Episode. Bei »How I Met Your Mother« zappelten die Zuschauer sogar erst ab Folge 8 am Haken. Netflix gelobt aber, die neu gewonnene Erkenntnis nicht zu missbrauchen. Man sähe die Ergebnisse als Bestätigung, dass auf Netflix weiterhin alle Folgen auf einmal zur Verfügung gestellt werden sollten. Auf die kreative Freiheit der Drehbuchautoren solle die Studie aber keinen Einfluss haben.
Die Medien und Meinungen hat Jennifer Rieger zusammengestellt.

Bild: Artificial Intelligence is no match for natural stupidity von Geh zum Fotostream von Sean DavisSean Davis auf Flickr, Lizenz CC BY ND 2.0.