Medien und Meinungen

Transparente Intransparenz

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Vera Linß hat die Meldungen der Woche dabei - und beginnt mit einer Nachricht, die ein Déjà-vu in uns hervorruft: das BKA-Gesetz.
Vera Linß hat die Meldungen der Woche dabei - und beginnt mit einer Nachricht, die ein Déjà-vu in uns hervorruft: das BKA-Gesetz. Das wurde am 20. April für verfassungswidrig erklärt, und damit ist mal wieder ein Gesetz vom Bundesverfassungsgericht kassiert worden. Die Reaktionen auf diese Entscheidung überraschen jedoch: Das Bundesverfassungsgericht bewertete jede einzelne der Ermittlungsmaßnahmen zur Terrorabwehr, die dem BKA demnach erlaubt wäre, wie etwa Online-Durchsuchung auf privaten Computern. Das Ergebnis der Analyse des Gerichts war: Etliche der möglichen Eingriffe seien unverhältnismäßig. Innenminister de Maizière kritisiert nun das Gericht - die Kollegen von netzpolitik.org nennen dies ein Handeln "am Rande des verfassungsrechtlich gerade noch Erlaubten".
Nachjustiert in einem ganz anderen Fall hat jetzt das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten, ICIJ. Die Süddeutsche Zeitung hatte ja mit der Organisation kooperiert, um die so genannten Panama Papers auszuwerten: 2,6 Terrabyte Daten, die 11,5 Millionen Dokumente von 214.000 Briefkastenfirmen in Panama enthalten. Als der Leak öffentlich gemacht wurde, war eine viel diskutierte Frage auch bei uns in der Sendung: Brauchen wir ethische Standards im Umgang mit geleaktem Material? Eine Kritik lautete, dass die Dokumente nur scheibchenweise öffentlich gemacht werden durch Journalisten - das wird sich jetzt ändern: Ab dem 9. Mai sollen Informationen zu 200.000 Offshore-Gesellschaften veröffentlicht werden, allerdings nicht im Original, sondern nur aufbereitete Teile der Daten; Bankauszüge, E-Mail-Konversationen, Telefonnummern und ähnliches werden entfernt. Immerhin ein Schritt hin in Richtung mehr Transparenz.
Anlass des Memes der Woche war auch ein Stück Transparenz: Die Böll-Stiftung verschaffte mit einer Veranstaltung in Berlin einem Thema Aufmerksamkeit, das bisher völlig unterbeleuchtet war: Content Commercial Moderation. Die ist nämlich die Antwort auf die Frage, was eigentlich mit den Millionen von Bildern im Internet passiert, die wir nie zu Gesicht bekommen, etwa weil sie Gewalt oder Pornographie enthalten. Die Böllstiftung stellte eine Recherche vor, die den Regisseur Moritz Riesewieck nach Manila führte, wo diese Fotos von Billiglöhnern gesichtet und aussortiert werden. Dies wurde zu einem der Themen auf Twitter, aber auch in den klassischen Medien. Die Kritik an dieser Praxis ist erwartungsgemäß groß, Sarah Roberts von der Western University in Kanada sprach von einerintransparenten Privatisierung von Zensur intransparenten Privatisierung von Zensur. Nicht zuletzt sind auch die posttraumatischen Belastungsstörungen der Philippinos, die sich den ganzen Müll der westlichen Kultur anschauen müssen, natürlich ein großes Problem - die Folgen der Müllabfuhr des Internets.
Foto: "Transparent screen 1" von kellinahandbasket, CC BY 2.0