Medien und Meinungen

Der Überraschungsdeal

04:38 Minuten
22.02.2014
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In den Medien und Meinungen sprechen wir mit Marcus Richter heute nur über ein Thema: Den Überraschungsdeal der Woche - der Netzwerkriese Facebook kauft den Smartphone-Nachrichtendienst WhatsApp.
In den Medien und Meinungen sprechen wir mit Marcus Richter heute nur über ein Thema: Den Überraschungsdeal der Woche - der Netzwerkriese Facebook kauft den Smartphone-Nachrichtendienst WhatsApp.
19 Milliarden Dollar betrug der Kaufpreis. Das setzt sich aus drei Posten zusammen: Facebook zahlt vier Milliarden in bar und zwölf Milliarden in Facebookaktien sofort. Weitere drei Milliarden sollen im Laufe der nächsten vier Jahre an Gründer und Mitarbeiter von WhatsApp ausgeschüttet werden.
Davon profitiert natürlich der Gründer, der 37-jährige Jan Koum. Das Wirtschaftsmagazin Forbes vermutet, dass er 6,8 Milliarden abbekommt und außerdem einen Posten im Verwaltungsrat von Facebook, sicherlich auch eine lukrative Position. 3,5 Milliarden gehen an die Investmentfirma Sequioa, glaubt zumindest der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg.
Das Foto- und Videosharing-Programm Instagram hat Facebook damals eine Milliarde gekostet, da sind 19 Milliarden ein ganz schöner Sprung. Über die Frage, wieso Facebook so tief in die Tasche greift, wird spekuliert, eine richtige Antwort hat keiner wirklich.
Es gibt aber ein paar Thesen die immer wieder auftauchen. Es wird zum Beispiel vermutet oder muss man eher sagen: Befürchtet, dass Facebook einfach die Daten haben will, die WhatsApp von den Usern gesammelt hat.
Wahrscheinlicher erscheint, dass sich Facebook einfach den stärksten Konkurrenten im Mobilmarkt einverleiben wollte. Facebook hatte ja bis jetzt kein Glück, seinen eigenen Messenger als Software zu etablieren. Gleichzeitig ist das aber genau dass, was viele, vor allem junge User auf Smartphones wollen: Kein volles soziales Netzwerk, sondern chatten, Bilder und Smilies verschicken - und da ist WhatsApp die bekannteste App dafür.
Die Reaktionen auf den Deal reichen von Erstaunen bis mahnender Skepsis. Spiegel Online zitiert einen Google Manager mit: "Die haben wohl ein Komma nach der Eins vergessen" und einen Yahoo-Mitarbeiter mit "Das ist doch durchgeknallt".
Ein Risiko für die Nutzer sind steigende Preise. Thomas Schulz beschreibt das bei Spiegel Online treffend mit »Selbst kleinste Start-up-Klitschen werden nun dreistellige Millionenbeträge aufrufen können." Langfristig bedeutet das, dass sich nur noch die größten Firmen halten können und jede Konkurrenz einfach weggekauft wird. Willkommen im Google/Apple/Facebook-Internet!
Es gibt viele Artikel über mögliche Alternativen zu WhatsApp. Ganz vorne mit dabei ist Threema, ein Messenger aus der Schweiz, der verschlüsselte Nachrichtenübertragung anbietet. Beliebt ist auch "Telegram" ein Messenger, der sogar umsonst ist - aber in der Crypto-Community durchgefallen ist, weil die Verschlüsselung nicht ordentlich programmiert sein soll. Und Verschlüsselungsexperten reden gerade viel über "Surespot" - dieser Messenger bietet nicht nur Verschlüsselung, sondern ist auch Open Source, also jeder kann den Quellcode einsehen. Allerdings kann er nicht soviel und ist nicht so einfach zu bedienen, wie die Konkurrenz.
Die Nutzerinnen und Nutzer scheinen allerdings nicht so richtig besorgt - obwohl beide Firmen als Datensammler bekannt sind. In den App-Stores steht WhatsApp immer noch ganz oben.
Links
WhatsApp-Alternativen:
Wir erklären den heutigen Tag zum «Deinstalliere WhatsApp Tag»! (Netzpolitik)
Whatsapp-Konkurrent Threema verdoppelt Nutzerzahl (Süddeutsche)
Fighting DISHFIRE: The State of Mobile, Cross-Platform, Encrypted Messaging (Joshua Lund)
Hintergrund:So ist die Nutzerzahl von WhatsApp explodiert (Zeit Online)
Why Facebook Just Spent $19 Billion on a Messaging App (The Atlantic)
WhatsApp-Gründer Jan Koum: Neuer Status Milliardär (Zeit Online)
The Rags-To-Riches Tale Of How Jan Koum Built WhatsApp Into Facebook's New $19 Billion Baby (Forbes)
WhatsApp's Founder Goes From Food Stamps to Billionaire (Bloomberg)
Wirtschaft:
Der heimliche Profiteur des WhatsApp-Deals (Handelsblatt)
WhatsApp-Übernahme: Facebooks Milliardendeal irritiert die Hightech-Industrie (SpON)
Facebook to Acquire WhatsApp (Facebook)
Kommentare:
Facebook zahlt für jeden von euch 47,50 Dollar (Carta)
Kommentar zu Facebooks WhatsApp-Kauf: Der Kampf um das Mobildisplay (Heise)
Foto von Garry Knight auf Flickr unter CC-by-SA