Mecklenburg-Vorpommern

Ein Rückkehrer erzählt

Kraniche in Mecklenburg-Vorpommern
Kraniche in Mecklenburg-Vorpommern © picture alliance / dpa / Stefan Sauer
Von Peter Podjavorsek |
Sebastian Zien liegt im Trend. Wie viele andere Mecklenburger ist er in seine Heimat zurückgezogen. Andererseits: Ein typischer Rückkehrer ist der Enddreißiger nicht. Weder hat ihn die Sehnsucht getrieben, noch kehrt er aus dem Westen heim.
In seiner beschaulichen Geburtsstadt Schwerin sah Zien keine berufliche Perspektive. In Weimar studierte er zunächst Architektur, wechselte dann aber zur Kulturwissenschaft.
"Ich war zwölf Jahre in Weimar, von 2000 bis 2012. Und habe zuletzt, von 2009-2012, für ein Kulturzentrum gearbeitet. Zudem habe ich mit dem Inhaber der Gastronomie von dem Kulturzentrum ein Hotelprojekt zusammen kreiert. Wir haben ein ökologisches Familienhotel in Weimar, einen Steinwurf entfernt vom Goethehaus, projektiert und gebaut. Und das 2012 eröffnet."
Danach bricht Zien, seine Zelte in Weimar ab. Er geht für ein halbes Jahr nach Kuba, um ein Forschungsprojekt durchzuführen, und dann ... Ja: was dann?
"Es stellte sich also die Frage, wo könnte man hingehen nach dem Kuba-Aufenthalt. In eine Großstadt, wie es ja so viele machen. Das war für mich nicht so richtig spannend, weil das Feld natürlich sehr abgegrast ist, gerade im Kultur- und Kreativbereich."
Zien beschließt schließlich, in seine Heimatstadt zurückzukehren. Allerdings nicht, wie so viele andere Mecklenburger, weil er seine Heimat, die Familie, Freunde oder Landschaft vermissen würde, sondern aus ganz pragmatischen Gründen.
"Ich fand es spannend, in eine Region zurückzukehren, die man gut kennt. Wenn du in eine Region zurückkommst, die du kennst, dann kannst du sie natürlich viel einfacher verstehen, die Bedürfnisse der Menschen. Und die Fragen, die sich stellen. Woanders, in anderen Regionen muss man sich erst vieles aufbauen. Das dauert ja ein, zwei Jahre, Minimum, bis man eine Region versteht und wie die Menschen so ticken."
Sebastian Zien zieht bei seinen Eltern ein. Diese Sie besitzen in Schwerin ein Haus mit einer abgetrennten Einliegerwohnung. So behält Zien seinen Freiraum.
"Es war am Anfang schon etwas komisch, wieder hier in Schwerin unterwegs zu sein. Das ist schon ein durchaus merkwürdiges Gefühl, weil es ja auch ein Schritt zurück ist. Ich sehe es aber ein bisschen anders. Man darf das nicht als Rückschritt sehen. Man muss das genau umdrehen und sagen: Okay, ich gehe einen Schritt weiter und kehre zurück. Und bin einfach hier, um den ein oder anderen Impuls mitzubringen. Und hab ein interkulturelles Neujahrsfest, das ich aus Weimar kannte und das sehr gut funktionierte, das hab ich nach Schwerin gebracht. Das habe ich zusammen mit dem Kunstverein Schwerin organisiert. 2014, im Januar."
Die Veranstaltung kommt so gut an, dass der Kulturwissenschaftler vom Fleck weg eine Festanstellung bekommt. Als Projektleiter bei der Stadtmarketinggesellschaft ist er nun zuständig für den Bereich 'Dialog: Kultur und Wirtschaft'.
"Und versuche hier in Schwerin, die Kultur etwas zu fördern und die Verbindung zur Wirtschaft zu knüpfen. Und weiter auszubauen, so dass wir viele weitere Kulturveranstaltungen haben können. Das ist die Grundlage dafür, dass Leute überhaupt wiederkommen. Das ist ganz immens wichtig. Wir müssen diese Region attraktiv machen."
Unversehens findet sich der Rückkehrer in einer Rolle wieder, in der er sich für den Standort Schwerin und Mecklenburg stark macht. Auch wenn Sebastian Zien gar nicht der Heimat wegen gekommen ist - verbunden fühlt er sich ihr natürlich trotzdem.
"Selbstverständlich ist das so. Ich will das gar nicht ausblenden. Es ist ja schon eine tolle Region mit dem ganzen Wasser, das ist es hier gibt. Also man kann nach der Arbeit hier einfach mal Segeln gehen. Das konnte ich in Weimar nicht zum Beispiel. Es gibt natürlich ganz klare Vorteile auch. Da ist man natürlich in der Region verwurzelt. Das ist ganz klar."
Ob Sebastian Zien für länger, oder gar für immer bleiben wird, vermag er allerdings nicht zu sagen. Den polyglotten Kulturwissenschaftler reizen auch zahlreiche andere Orte auf der Welt. Wenn sich eine interessante Option ergäbe, würde er auch wieder gehen.
Mehr zum Thema