Matthias Heine: "Krass"

"Jugendsprache ist nicht so schnelllebig, wie man denkt"

07:07 Minuten
Graffiti auf einer Hauswand, das ein Mädchen zeigt mit der Sprechblase "Krass hier!"
Jugendsprache ist weiblicher geworden. Das ist einer der Befunde von Matthias Heines Buch über "500 Jahre deutsche Jugendsprache". © picture alliance / Bildagentur-online/Schöning
Matthias Heine im Gespräch mit Ute Welty · 24.04.2021
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Jugendsprache ist durch soziale Medien wie Instagram weiblicher geworden, sagt der Autor und Journalist Matthias Heine. In seinem neuen Buch "Krass. 500 Jahre deutsche Jugendsprache", zeichnet er die Entwicklung von Luther bis Instagram nach.
Auch bei der Entwicklung der Jugendsprache steht am Anfang - wieder einmal - Martin Luther: "Die frühesten Reflexe, die man zu fassen kriegt, sind in einer Tischrede von Luther, in der er – wie Forscher annehmen – bestimmte studentensprachliche Ausdrücke seiner eigenen Universitätszeit gebraucht", sagt Matthias Heine, dessen neues Buch "Krass. 500 Jahre deutsche Jugendsprache" die Entwicklung des altersgruppenspezifischen Jargons nachzeichnet.
Diese Wurzeln in Studentenkreisen erklären auch, dass Jugendsprache jahrhundertelang eher männlich dominiert war. "Schon allein, weil zum Beispiel Studenten lange Zeit nur Männer waren."

Mit lol, rofl oder bff - weibliche Elemente in der Jugendsprache

Mit dem Aufkommen der sozialen Medien hat sich das allerdings verschoben, wie Heine erklärt. Nicht nur, dass durch die größere Schriftlichkeit der Kommunikation Abkürzungen wie "lol", "rofl" oder "bff" Eingang in die Jugendsprache gefunden haben, es kommt dadurch auch ein stark weibliches Element ins Spiel:
"Es war vor 20 Jahren eindeutig so, als SMS, aus denen diese Abkürzungen stammen, wesentlich mehr von Mädchen genutzt wurde als von Männern. Deswegen gehe ich davon aus, dass ein großer Teil dieser Abkürzungen ursprünglich auch von Mädchen benutzt wurde."
Genauso soziale Medien wie Instagram oder Tiktok: "Das sind Medien, die von Mädchen mehr oder weniger dominiert werden. Männer spielen da eher eine Nebenrolle."

Manche Ausdrücke halten sich jahrzehntelang

Generell sei Jugendsprache nicht so schnelllebig, wie man denke, sagt Heine. Er verweist auf den ersten Blick unscheinbare jugendsprachliche Ausdrücke wie "prima" oder "dufte", die sich sehr lange gehalten hätten:
"Die kommen beide ungefähr um 1900 auf und dann lassen sie sich in den Sechzigerjahren in jugendsprachlichen Quellen immer noch fassen. Also, dufte sagen dann immer noch die Mädchen in dem Film Bambule, den Ulrike Meinhof über Mädchen in einem Erziehungsheim gedreht hat. Oder beim Kleinen Nick hält der Übersetzer es offenbar für angebracht, Ende der 60er-Jahre den immer noch dauernd 'prima' sagen zu lassen, weil er das offenbar noch für ein jugendsprachliches Wort hält."
(uko)

Matthias Heine: "Krass. 500 Jahre deutsche Jugendsprache"
Dudenverlag, Berlin 2021
272 Seiten, 18 Euro

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