Mathematiker Gerd Bosbach

Wie man mit Statistiken Lügen fabriziert

Gerd Bosbach
Der Mathematiker Gerd Bosbach © privat
31.07.2015
Kostenexplosion im Gesundheitswesen! Asylbewerberflut! Überalterung der Bevölkerung! Bei solchen Schlagzeilen wird der Mathematiker Gerd Bosbach sofort skeptisch. Denn Zahlen lügen nicht - aber mit Zahlen kann man prima lügen.
Gerd Bosbach ist Inhaber des Lehrstuhls für Statistik und Empirische Wirtschafts- und Sozialforschung an der Hochschule Koblenz. Er will die Öffentlichkeit darüber aufklären, dass auch mit korrekten Zahlen gelogen werden kann – und wird. Er weiß durch seine früheren Tätigkeiten für das Statistische Bundesamt und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung aus eigener Erfahrung, wie man mit Statistiken Lügen fabriziert.
Jammerzahlen? Kein Problem!
Zum Beispiel habe er im Rahmen seiner Tätigkeit für die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung einmal auf der Basis des gleichen Datensatzes sowohl einen Einkommensanstieg als auch einen Einkommensrückgang der Zahnärzte belegen können, indem er einfach die aktuellen Einkommenszahlen mit unterschiedlichen Bezugsjahren verglichen habe. "Da ging es einmal darum, dass im Gesundheitsministerium die Frage gestellt wurde: wo wird als nächstes nochmal gespart? Und dazu musste ich dann Jammerzahlen liefern. War kein Thema, ich habe einen größeren Verlust der Zahnärzte nachweisen können."
Wenig später habe die Wiederwahl des Vorstandsvorsitzenden der Kassenzahnärztlichen Vereinigung bevorgestanden. "Da kann er natürlich nicht sagen: unser Verdienst ist so in den Keller gegangen, bitte wählt mich wieder! Da wollte er gelobt haben. Da habe ich ein anderes Bezugsjahr und habe eine Steigerung von 20 Prozent, glaube ich, ausgerechnet. Es gab standing ovations und er wurde auch fast einstimmig wiedergewählt."
Ohne Zahlen gehe es dennoch nicht, betont der Statistiker. Denn mit Zahlen könne man zwar lügen – aber ohne Zahlen kann man noch besser lügen."
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