Massenprotest

Junge Rumänen kämpfen gegen Korruption

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Die "funky Generation" zeigt sich ideenreich und angstfrei. © picture alliance / dpa / Robert Ghement
Von Karla Engelhard  · 10.12.2015
Sie protestieren auf der Straße und debattieren im Netz. Junge Rumänen kämpfen organisiert für ihre Zukunft und gegen Korruption. Mit einer "Schmiergeldbörse" im Netz kommen sie dem Betrug landesweit auf die Spur - und wenn es sein muss, gehen sie auf die Straße.
Elena Calistru leitet die "funky Citizens". Die Nichtregierungsorganisation will mündige Bürgerinnen und Bürger in Rumänien erziehen. Mit flippigen bis ausgefallenen Ideen und Mitteln. Die zierliche, ganz in schwarz gekleidete Elena erklärt eins ihrer erfolgreichen Projekte – eine Internetplattform:
"Sie heißt piatadespaga, Schmiergeldbörse, auf der Menschen anonym berichten können, wieviel Schmiergeld sie in ihrer Ortschaft für welche Dienstleistung bezahlt haben und ob sie mit der erbrachten Leistung zufrieden waren. Die Idee dahinter ist, durch das Veröffentlichen von Schmiergeldzahlungen die Tarife möglichst niedrig zu halten. Tatsächlich sind dort sehr viele Berichte aus Schulen veröffentlicht und ich denke, das ist tatsächlich der erste Ort, an dem junge Rumänen mit Kleinkorruption Bekanntschaft machen."
In einer Landkarte werden die Korruptionsfälle eingetragen – ein Blick auf diese Korruptionslandkarte macht deutlich, Korruption gibt es in Rumänien überall und in allen gesellschaftlichen Bereichen. Anfang November starben 50 junge Menschen bei einem Rockkonzert in einer Kellerdiskothek in Bukarest. Bei einer Showeinlage fing die Bühnendekoration Feuer, für 400 flüchtende Menschen waren zu wenige Notausgänge vorhanden, Feuerlöscher fehlten. Korrupte Beamte hatten bei einer Kontrolle kurz vorher, das nicht beanstandet.
Aus der Trauer wurde Wut
Aus der Trauer um die Toten wurde Wut. Korruption tötet! –riefen Hundertausende Menschen tagelang auf den Straßen. Darunter viele junge Leute zwischen 20 und 30, wie Elena, die auch dabei war:
"Es ist eine neue Generation, die nicht mehr resigniert, sondern sich einmischt, nicht nur in Bukarest, sondern landesweit. Es ist keine Großstadtelite mehr. Von der Demokratisierung der Informationen im Internet profitieren alle und jeder kann schnell reagieren."
Die Dauerproteste zwangen Premier Viktor Ponta zum Rücktritt und Präsident Klaus Johannis lud Vertreter der Zivilgesellschaft an einen Tisch. Mit dabei Elena Calistru und Mihai Dragos vom Jugendrat Rumäniens, der 19 Jugend- und Studentenverbände vertritt:
Starke öffentliche Meinung
"Die politische Klasse ist bereits früher von unseren Protesten in Schrecken versetzt worden. Diesmal kam Trauer und Wut dazu, dass 50 Menschen sterben mussten, weil Verantwortliche korrupt sind. Die Proteste griffen mit großer Geschwindigkeit über Facebook um sich und es war von Anfang an spürbar, dass hier eine ganz starke und einheitliche öffentliche Meinung entstehen würde."
Elena: "Die Schüler und Studentenverbände sind auf Facebook präsent, doch lange nicht nur dort. Der Jugendrat Rumäniens von Mihai oder der Schülerrat nutzen die neuen Technologien voll aus, sind aber auch sehr viel offline unterwegs, nehmen aktiv und ziemlich erfolgreich an öffentlichen politischen Entscheidungsfindungen teil."
Auf den Straßen in Rumänien ist es ruhig geworden. Eine vom Präsidenten eingesetzte Expertenregierung bereitet Parlamentswahlen für das kommende Jahr vor. Sie wird dabei unter anderem von Elena und Mihai kritisch beobachtet. Online wird jeder Schritt debattiert, denn es geht um ihre Zukunft und wenn es sein muss, gehen sie wieder auf die Straße.
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