Markus Beckedahl zur Urheberrechtsreform

Uploadfilter würden das Internet grundlegend verändern

08:15 Minuten
Demo "Save the Internet" in Berlin: Auf einem Schild steht "Don't the Internet" und zwischen dem "don't" und dem "the" ist ein schwarzer Balken zu sehen
"Wenn man auf Google und Facebook schießt, und die falschen Instrumente wählt, dann trifft man halt den ganzen Rest mit", warnt Markus Beckedahl von netzpolitik.org. © imago stock&people
Markus Beckedahl im Gespräch mit Vera Linß · 16.02.2019
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Die Kritiker der EU-Urheberrechtsreform habe gute Argumente: Sie fürchten die Einschränkung der freien Meinungsäußerung. Warum aber werden sie kaum gehört? Netzaktivist Markus Beckedahl macht dafür ein irreführendes Narrativ der Befürworter verantwortlich.
Nach zähen Verhandlungen haben sich Verhandlungsführer auf einen finalen Text für eine Reform des EU-Urheberrechts geeinigt. Doch den Bürgern in der EU droht damit eine Richtlinie, die das freie Netz gefährdet, sagen Kritiker. Sie beziehen sich vor allem auf den darin enthaltenen Artikel 13. Der besagt, dass urheberrechtlich geschützte Werke nicht auf einer Plattform erscheinen dürfen, wenn deren Betreiber keine Lizenz für diese Beiträge besitzt.
Die technische Lösung dafür wären Upload-Filter, eine Software, mit der Youtube oder Facebook schon beim Hochladen überprüfen können, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind – für kleine Anbieter teuer und schwer umsetzbar. Zudem befürchten Kritiker, dass die Filter auch legale Inhalte wie Parodien oder Zitate blockieren und so die freie Meinungsäußerung einschränken. Doch die Gegner der Reform fanden mit ihren Argumenten offensichtlich kaum Gehör.

Erfolgreiches Narrativ der Reform-Befürworter

Markus Beckedahl, Chefredakteur von netzpolitik.org, hat dafür eine Erklärung. "Ich glaube, das lag und liegt an dem sehr erfolgreichen Narrativ der Befürworter dieser EU-Urheberrechtsreform, dass man damit gegen Google und Facebook vorgehen wird und die Interessen der Urheber und Rechteinhaber gegenüber diesen großen US-Tech-Plattformen durchsetzen wird", so der Netzaktivist. Die Lobby-Übermacht liege bei den Verlegern, den Medienverbänden und der Rechteindustrie. Die Gegner seien hingestellt worden, als seien sie von Facebook und Google gekauft.
Porträt von Markus Beckedahl
Markus Beckedahl sieht sich einer Lobby-Übermacht von Verlegern, großen Medienverbänden und der Rechteindustrie gegenüber.© Daniel Müller
Doch, so Beckedahl weiter, "wenn man auf Google und Facebook schießt, und die falschen Instrumente wählt, dann trifft man halt den ganzen Rest mit, und dann sind wir mit unserem Blog möglicherweise auch betroffen." Die Politiker hätten immer die klassische Welt im Kopf, den alten James-Bond-Film, der geschützt werden muss.

Naivität und Unwissenheit bei Politikern

Dabei seien Politiker wie Axel Voss (CDU), der die Verhandlungen über die Reform für das Parlament führte, zu Wahlkampfzeiten auch eifrig dabei gewesen, zum Beispiel Memes auf Facebook zu teilen. Als er auf mögliche Urheberrechtsverletzungen hingewiesen wurde, habe er diese Posts still und heimlich gelöscht.
"Das zeigt eher, dass da eine ziemliche Naivität vorliegt, eine ziemliche Unwissenheit, und man sich hat einfach instrumentalisieren lassen von einflussreichen Lobbys. Das ist vielleicht noch nicht einmal bösartig gemeint, sondern man denkt, man schützt jetzt hier die Kultur gegen diese amerikanischen großen Riesen, und sich eher als Hüter der Wahrheit und der Freiheit sieht, aber vollkommen ohne Ahnung da steht, welche Auswirkungen technischer Natur die Entscheidungen haben, die sie dort tätigen."
Die einzige Möglichkeit, dies noch zu stoppen sieht Markus Beckedahl darin, das EU-Parlament dazu zu bringen, dem nicht zuzustimmen – durch massive Proteste auf der Straße.
(cwu)
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