Marina Owsjannikowas TV-Protest

"Kleines Zeichen mit großer Wirkung"

08:23 Minuten
Mit einem Antikriegsplakat stürmte Marina Owsjannikowa am Montagabend die Hauptnachrichtensendung des russischen Staatsfernsehens.
Mutig: Mit einem Antikriegsplakat stürmte Marina Owsjannikowa die Hauptnachrichtensendung des russischen Staatsfernsehens. © IMAGO/Italy Photo Press
Mandy Ganske-Zapf im Gespräch mit Massimo Maio · 15.03.2022
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Für ihren Protest im russischen Fernsehen gegen den Krieg in der Ukraine hat Marina Owsjannikowa weltweit Zuspruch bekommen. Sind solche Aktionen die letzte Möglichkeit, die staatliche Propaganda in Russland auszuhebeln?
Das Video von der russischen Nachrichtensendung vom Montagabend ging in den sozialen Medien schnell viral. Darin liest eine Sprecherin die Nachrichten vor, als im Hintergrund eine Frau mit einem Plakat auftaucht, auf dem "Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen" steht.
Die Szene ist nur ein paar Sekunden zu sehen, dann wird ausgeblendet. Nach bisherigen Informationen heißt die Frau Marina Owsjannikowa und ist Angestellte des staatlichen TV-Senders. Sie wurde verhaftet, der Kreml wirft ihr „Rowdytum" vor.

Unsere Berichterstattung zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Laut der Nachrichtenagentur AFP ist sie inzwischen zu einer Geldstrafe verurteilt und vorerst wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Ein Gericht in Moskau verurteilte sie demnach zur Zahlung von 30.000 Rubel (250 Euro).

Laut Propaganda ist der Krieg eine "militärische Spezialaktion"

Erst vor ein paar Tagen war in Russland das Mediengesetz verschärft worden. Wer in russischen Medien von einem Krieg gegen die Ukraine spricht und nicht von einer "militärischen Spezialaktion", dem drohen bis zu 15 Jahren Haft.
Nach viel Zuspruch im Netz findet auch die Journalistin Mandy Ganske-Zapf vom Onlinemedium Decoder anerkennende Worte für Marina Owsjannikowa. Trotz der drohenden Konsequenzen habe sie sich überwunden, „dieses vermeintlich kleine Zeichen, aber doch mit großer Wirkung, zu setzen“.
Marina Owsjannikowa ist nicht die Einzige, die den Mut gefunden hat, sich gegen die staatlichen Repressionen aufzulehnen. Für Aufmerksamkeit hatte in den letzten Tagen auch eine andere Protestaktion gegen den Angriffskrieg in der Ukraine gesorgt. Am Ende der Sendung ging die Belegschaft des kritischen Internetnachrichtensenders „Doschd“ stumm aus dem Studio, es wurde Schwanensee gespielt.

Ein Sender schaltet sich selbst ab

Der Sender habe entschieden, den Betrieb komplett einzustellen, anstatt mit dem verschärften Mediengesetz die staatliche Propaganda zu verbreiten, sagt Ganske-Zapf.
Auch die kremlkritische Zeitung Nowaja Gaseta hat sich dem Protest angeschlossen. Das Blatt bildete ebenfalls Szenen des Balletts von Pjotr Iljitsch Tschaikowski ab - kombiniert mit einem Atompilz.
Doch auch wenn es immer noch kritische Medien in Russland gebe, sei das nur „eine Nische“, sagt die Journalistin. Man müsse proaktiv nach solchen Inhalten suchen.
Hinzukomme, dass viele kritische Medien vom russischen Justizministerium als ausländische Agenten eingestuft worden seien. Viele Menschen würden in dem Glauben, etwas Verbotenes zu tun, davor zurückschrecken, diese Medien zu nutzen, so Ganske-Zapf.

Verschlüsselter Zugang zu kritischen Medien

Wer wirklich wissen wolle, was in Russland und der Ukraine passiere, müsse viele Hürden überwinden. Noch könne man kritische Medien auch über verschlüsselte Onlineverbindungen erreichen. Man müsse aber wissen, wie und wo.

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